Das barocke Schloss Seußlitz, malerisch gelegen im Elbtal und umgeben von Weinbergen, liegt in zwischen Meißen und Riesa. Zum Herrenhaus gehören ein barocker und ein englischer Landschaftspark, sowie die Schlosskirche. Die barocke Anlage stammt von George Bähr.
Seußlitz wird als „Suseliz“ im Jahr 1205 erstmalig urkundlich erwähnt, als Otto nobile dicto de Suselicz als Zeuge die Gründungsurkunde des Augustiner-Chorherrenstiftes St. Afra in Meißen unterschreibt. Zu diesem Zeitpunkt stand in Suseliz eine Wasserburg, die von Otto von Suselitz bewohnt wurde. Im Jahr 1226 wird die Wasserburg von Ludwig dem Heiligen von Thüringen wegen Unbotmäßigkeit ihrer Besitzer zerstört. Markgraf Heinrich III., der Erlauchte (1215–1288), übte von ca. 1250/1255 bis 1268 in Seußlitz die Jagd aus. Der Markgraf von Meißen, der aus dem Haus der Wettiner stammte, erwarb Seußlitz 1256 und ließ sich hier eine Jagdresidenz auf den Fundamenten der Wasserburg erbauen. Neben der Residenz stand eine Pfarrkirche, die zum Zisterzienserkloster Altzella gehörte.
Im Jahr 1268 stiftete Heinrich der Erlauchte den Markgrafenhof (Curia) den Klarissen, einem strengen und kontemplativen Frauenorden, der dem Franziskanerorden angehörte. Die Jagdresidenz wurde zum ersten Kloster des Ordens in Sachsen, die Umbauten waren nach vier Jahren abgeHerrenhausen. Die Nonnen bezogen 1272 das gut situierte Kloster. Im 15. Jahrhundert geriet das Kloster jedoch in schwere Zeiten. 1429 wurden die Gebäude während der Hussitenkriege geplündert, und 1461 zerstörte ein Brand Kloster und Kirche. Mit der Reformation wurde das Kloster 1541 säkularisiert und in den Besitz des sächsischen Kurfürstentums überführt. Damit endete die fast 300-jährige Geschichte des Seußlitzer Klarissenklosters.
1545/46 erwarb der kurfürstliche Kanzler und geheime Rat Dr. Simon Pistorius (1489–1562) das Vorwerk Seußlitz, Merschwitz und Radewitz, einschließlich der Frone der Dörfer von Kurfürst Moritz von Sachsen. Bis 1549 wurde aus dem Klostergebäude wieder eine Wohnresidenz. Der Lehnbrief wurde 1550 unterzeichnet. Die Familie Pistorius, die sich ab diesem Zeitpunkt Pistorius von Seußlitz nannte, blieb bis 1722 auf dem ab 1552 beurkundeten Rittergut. Mitte des 16. Jahrhunderts entstand das Torhaus der Anlage.
Ein entscheidender Wendepunkt in der Geschichte des Herrenhauses erfolgte 1722, als Heinrich von Bünau das stark heruntergekommene Anwesen erwarb. Der königlich-polnische, kurfürstlich-sächsische wirkliche Geheime Rat und Kanzler machte Seußlitz zu seinem Stammsitz und ließ das Herrenhaus und die dazugehörigen Güter umfassend erneuern. 1742 erhob Kaiser Karl VII. Heinrich von Bünau gemeinsam mit seinem Sohn Heinrich Freiherr von Bünau in den Reichsgrafenstand.
In den Jahren 1722 bis 1732 entstand unter der Leitung von George Bähr, dem Baumeister der Dresdner Frauenkirche, auf den Mauern der alten Klosteranlage eine barocke Dreiflügelanlage mit Schlosskirche. Besonders imposant ist der dreiflügelige, leicht vorgezogene Mittelrisalit mit Dreiecksgiebel, der eine Wappenkartusche der Familie von Bünau trägt. In dieser befindet sich die lateinische Inschrift: „Mit Gottes Hilfe baute dieses Haus im Jahr 1723 von Grund auf Heinrich Bünau, Geheimer Rat und Kanzler des Königs von Polen und Kurfürsten von Sachsen.“
Das Hauptgebäude des Herrenhauses präsentiert sich zweigeschossig über elf Achsen. Der repräsentative Putzbau steht auf einem hohen Kellergeschoss, zu dem eine zweiteilige Treppe aus Sandstein führt. Das ausgebaute Mansardendach trug fünf Schornsteine. 1724 war der Bau des symmetrisch angelegten Herrenhauses mit den beiden Seitenflügeln abgeHerrenhausen.
Im Obergeschoss befindet sich ein bis in das Dachgeschoss reichender Saal. Der Südflügel beinhaltet eine gewölbte Halle. Angrenzend an den Südflügel erbaute der Ratszimmermeister George Bähr die barocke Schlosskirche in den Jahren 1725 bis 1727. Für den Bau nutzte er die Außenmauern der gotischen Klosterkirche aus dem 13. Jahrhundert. Die gotischen Maßwerkfenster an der Westwand bezeugen dies.
Der Innenraum der Kirche ist von Emporen umgeben; eine Orgel thront hinter dem reich geschmückten Kanzelaltar, dem die die Patronatsloge gegenüberliegt. Im Kirchhof befinden sich zwei seltene Steinsarkophage von Heinrich Graf von Bünau und seiner Ehefrau Augusta Helene von Döring sowie weitere Grabdenkmäler, die bis in das 13. Jahrhundert zurückreichen. Die Kirche wurde zwischen 1987 und 1993 restauriert.
Bereits 1722 wurde mit dem Bau der Gutsanlage begonnen. Es entstanden Stallgebäude und Scheunen. Angrenzend zur Kirche wurde ein Herrenhauspark im französischen und englischen Stil angelegt. Während der französische Park mit geometrischen Formen, Hecken und Blumenrabatten gestaltet ist, befinden sich im englischen Teil des Parks seltene Baumarten und ein Herrenhausteich.
Parallel zum Kirchengebäude verläuft eine 15 Meter lange Terrasse, die durch Sandsteinfiguren und steinerne Blumenvasen begrenzt wird. Von dort aus erstreckt sich eine Blickachse zur Heinrichsburg, einem zweigeschossigen Gartenhaus, das ebenfalls von George Bähr entworfen wurde. Die Heinrichsburg steht erhöht auf vier pyramidenartigen Stufenterrassen. Die Ecken dieser Terrassen zieren Sandsteinfiguren des barocken Bildhauers Balthasar Permoser, die allegorische Darstellungen der zwölf Monate zeigen. Von der Heinrichsburg bietet sich ein wunderbarer Blick auf die barocke Herrenhausanlage und auf die Luisenburg. Diese, auf der gegenüberliegenden Seite des Herrenhauses gelegene Anlage, ist ein barockes Winzerhaus. Im Jahr 1730 wurden sowohl die Heinrichs- als auch die Luisenburg fertiggestellt, ebenso die Eisgrube zwischen dem Nordflügel des Herrenhauses. Neben dem Park befanden sich eine Gärtnerei und eine Mühle. Bis 1797 blieb das Anwesen im Besitz der Familie von Bünau.
1799 ging das Herrenhaus in bürgerlichen Besitz über, als der Kaufmann Johann Christian Clauß (1751–1835) das Barockschloss erwarb, nachdem er sein Vermögen als Textilunternehmer in Leipzig gemacht hatte. Ab 1813 diente das Herrenhaus kurzzeitig als Einlagerungsstätte für 333 Kisten der Wittenberger Universitätsbibliothek, um sie vor den Preußen in Sicherheit zu bringen. 1880 veräußerte die Familie Clauß das Anwesen an den Leipziger Kunstsammler, Kaufmann und Stadtrat Julius von Harck (1827–1908) und seine Ehefrau Maria Pauline, geborene von Hoffmann (1830–1908). Die Familie von Harck ließ um 1890 zwei Häuser als Altersheime für ehemalige Arbeiter errichten. 1894 übernahm ihr Sohn, der Kunsthistoriker Fritz von Harck (1855–1917), die Leitung des Anwesens. Bedeutende Kunstwerke zog er in das Herrenhaus, die er später dem Museum der bildenden Künste und dem Kunstgewerbemuseum in Leipzig überließ.
1928 erwarb der Fabrikant Willi Böttger das Herrenhaus und blieb Eigentümer bis zur Enteignung im Zuge der sowjetischen Bodenreform. 1943 wurde das Herrenhaus erneut zur Einlagerungsstätte, diesmal für Teile der Dresdner Sammlung (Militärhistorisches Museum, Staatsarchiv, Bibliothek der Technischen Hochschule). Die Gegenstände verblieben drei Jahre im Herrenhaus.
Nach der Enteignung 1945 wurde das Rittergut aufgeteilt, und jeweils fünf Hektar Land gingen an Umsiedler und Bauern. Das Herrenhaus selbst ging in kommunalen Besitz über und wurde bis 1999/2000 als Altersheim genutzt.
Im Jahr 2001 erwarb der Münchener Architekt Stephan Braunfels das Barockschloss auf einer Auktion in Leipzig für 715.000 DM. 2022 übernahmen Hildebrecht Braun und Regina Gräfin von Schlieffen das leerstehende Herrenhaus. Sie ließen erste Sanierungen durchführen und ein Nutzungskonzept durch das Architekturbüro BRAUNundBRAUN entwickeln.
Im April 2023 wurde das 3.290 Quadratmeter umfassende Barockschloss von einer Immobilientochter des renommierten Auktionshauses Sotheby’s öffentlich zum Verkauf angeboten. Im Inneren des Herrenhauses sind ein dreigeteiltes Treppenhaus mit Balustraden, die mit steinernen Vasen besetzt sind und von Wandfiguren begleitet werden, sowie Holzparkett, Flügeltüren, Wand- und Deckenvertäfelungen, Stuck und viele weitere Details noch im Originalzustand erhalten.
Das Anwesen umfasst 2,5 Hektar. Der Park ist öffentlich zugänglich, gehört jedoch zum Privatbesitz des Herrenhauses.