Im Herzen der Mecklenburgischen Schweiz, nahe Teterow, steht das denkmalgeschützte barocke Gutshaus Groß Wüstenfelde. Noch heute ist die nahezu vollständig erhaltene Wallanlage sichtbar, die das Gutshaus umgibt. Es handelt sich um einen slawischen Ringwall mit einer Höhe von bis zu sechs Metern und einem vorgelagerten Wassergraben, der stellenweise eine Breite von bis zu zehn Metern erreicht. Das Anwesen gehört zu den ältesten erhaltenen Gutshäusern in Mecklenburg.
Die erste bekannte Erwähnung des Ortes stammt aus dem Jahr 1314, doch die noch vorhandene Wallburgstruktur lässt auf eine deutlich ältere Siedlungskontinuität schließen. Der bis zu sechs Meter hohe Ringwall mit vorgelagertem Graben dürfte aus slawischer Zeit stammen. Spätestens im 12. Jahrhundert wurde die Anlage zu einer frühdeutschen Turmhügelburg umgebaut. Auf deren mittelalterlichen Kellergewölben wurde nach der Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg das barocke Gutshaus errichtet, das bis heute erhalten ist. Diese Gewölbe sind nicht nur ein bauliches Relikt aus der Zeit vor dem barocken Neubau, sondern geben auch Einblick in ein dunkles Kapitel frühneuzeitlicher Gerichtspraxis.
Im Jahr 1590 wurde in Groß Wüstenfelde ein Hexenprozess dokumentiert. Die Angeklagte war Margaretha Schorsow, eine alte Frau und Witwe des N. Gluben. Am 7. August desselben Jahres wurde von einem Notar die sogenannte „peinliche Urgicht“, das unter Folter erzwungene Geständnis, protokolliert. Die Beschuldigte gestand den Teufelspakt, die Vermischung mit dem Satan, Zaubereien sowie das Böten, eine im Volksglauben tief verwurzelte Form des Gesundbetens und Beschwörens. Sie belastete zudem eine weitere Frau aus Klein Methling. Bei der Folter waren mehrere lokale Adlige anwesend. Gerichtsherr des Verfahrens war Matthias von Smeker zu Wüstenfelde. Er verzichtete aufgrund des hohen Alters und schlechten Gesundheitszustands der Angeklagten auf eine weitere Ausdehnung der Tortur, obwohl er Zweifel an der Vollständigkeit des Geständnisses äußerte. Das abschließende Urteil ist nicht überliefert. Angesichts der Geständnisse und der Umstände des Verhörs ist jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem Todesurteil auszugehen.
Besitzgeschichtlich ist das Gut ungewöhnlich gut überliefert. Bereits im Jahr 1283 wird ein Ritter von Smeker in Verbindung mit Groß Wüstenfelde genannt, was auf eine frühe Adelsansiedlung im Gebiet der ehemaligen slawischen Burganlage hindeutet. Die Familie Smeker, die in den Quellen mit wechselnder Schreibweise als Smeker, Schmecker oder Schmeker überliefert wird, behielt das Gut über mehrere Generationen. Zu besonderer historischer Aufmerksamkeit gelangte ihr letzter namentlich bekannter Vertreter: Heinrich von Smeker zu Wustenfelde (1473- nach 1552) über den der pommersche Chronist und Stralsunder Bürgermeister Bartholomäus Sastrow (1520-1603) ein aufschlussreiches Porträt hinterlassen hat.
Sastrow schildert den Gutsherrn als eigensinnigen und eigentümlich gekleideten Mann, einen „gar seltzamen Ebenteuerer“ mit stutzigem Bart, grauem Haupt und einem langen Faltrock aus weißem Barchent, mit schwarzen Schnüren besetzt, der ihn fast bis zu den Füßen reichte. Der Eindruck, so Sastrow, sei der eines seltsamen Vogels gewesen , ein Vergleich, der wohl nicht nur das Äußere, sondern auch die Lebensführung des Ritters betraf. Heinrich von Smeker war in einen langjährigen Streit mit seinem Nachbarn Joachim von Negendanck (1523-1578) auf Schwiessel verwickelt. Anlass waren Schulden, die Smeker bei Negendanck hatte und die er offenbar hartnäckig nicht begleichen wollte. Der Konflikt eskalierte, als Negendanck zusammen mit bewaffneten Reitern das Gut Groß Wüstenfelde überfiel. In der Folge eignete er sich Hausrat und Wertgegenstände an und erschoss im Zuge des Überfalls sogar Smekers Schwager.
Nach dem Aussterben der Smeker im frühen 17. Jahrhundert verkaufte Jost von Smeker seinen Besitz 1607 Johann Georg von Ribbeck das Gut. 1621 ging es an Franz Heinrich von der Kettenburg über. Im Besitz der Familie Von der Kettenburg blieb das Gut mit Ausnahme einer Unterbrechung zwischen 1796 und 1845, bis 1927.
Nach dem Tod Peter Augusts von der Kettenburg 1796 kam das Anwesen zunächst in die Hände des Hofrats Kiesewetter. Zwei Jahre später kehrte es jedoch durch Rückkauf an Peter August von der Kettenburg zurück, der damit erneut Eigentümer wurde. Es folgten eine Reihe weiterer Eigentümer: Christoff Wilhelm Stüdemann von 1799 bis 1801, Hauptmann Carl Friedrich von Müller von 1801 bis 1805, dann Heinrich Schröder bis 1828. In der Folgezeit besaßen die Brüder Richard Moritz und Georg Friedrich Ludwig Oppenheimer das Gut, bis es 1845 erneut an die Familie von der Kettenburg gelangte. Cuno August von der Kettenburg, Kammerherr und Bauherr des benachbarten Herrenhauses Matgendorf, führte das Gut bis 1882. Ihm folgte Kämmerer Franz Freiherr von der Kettenburg, ab 1900 dann Johann Freiherr von der Kettenburg, und schließlich ab 1905 erneut Franz Freiherr von der Kettenburg. Der letzte Vertreter der Familie musste das hochverschuldete 743 Hektar große Lehngut 1927 an die Mecklenburgische Landgesellschaft verkaufen, womit eine über drei Jahrhunderte währende Besitzgeschichte ihr Ende fand.
Das Gutshaus Groß Wüstenfelde ist ein zweigeschossiger, traufenständiger Fachwerkbau mit hohem Walmdach und wurde von der Familie von der Kettenburg errichtet. Das neunachsige Gutshaus ruht auf einem massiven Feldsteinfundament und wurde um 1700 bis 1730 auf der Grundlage der mittelalterlichen Burganlage, deren Kellergewölbe erhalten geblieben sind, erbaut. Die Proportionen des Hauses sind klassisch barock, das Obergeschoss ist leicht vorkragend. Die straßenseitige Zufahrt erfolgt über eine schmale Brücke mit einer Fahrbahn aus originalem Kopfsteinpflaster, die den Wassergraben überspannt, flankiert von alten Stallgebäuden. Das rechte Wirtschaftsgebäude ist komplett erhalten, das linke steht nur noch in den gesicherten Grundmauern dar. Der Eingang führt über eine einläufige, leicht erhöhte Freitreppe direkt in das Haus. Der einst umwehrte Innenhof ist heute offener gestaltet, jedoch ist die Grabenstruktur um das Gebäude fast vollständig erhalten. Hinter dem Haus erstreckt sich ein kleiner Gartenpark. Entlang der Dorfstraße verläuft noch die erhaltene Gutsmauer. Dahinter liegen die großen Wirtschaftsgebäude aus dem 18. und 19. Jahrhundert, die außerhalb der Wallanlage errichtet wurden und wahrscheinlich Mauerreste der Burg enthalten, die Anfang des 19. Jahrhunderts gefunden wurden und wieder verwendet wurden. Die Anlage dokumentiert in seltener Geschlossenheit die räumliche Gliederung eines mittelalterlich-barocken Gutes mit nachgeordneter Hofwirtschaft und steht heute als Ganzes unter Denkmalschutz.
Nach dem Verkauf wurde das Gut im Rahmen der sogenannten inneren Kolonisation neu aufgesiedelt. Die Mecklenburgische Landgesellschaft verpachtete und verteilte Land an katholische Siedler aus westdeutschen Regionen wie Franken, Westfalen, dem Rheinland und Oldenburg. Neue katholische Gemeindestrukturen entstanden, unter anderem mit dem Bau der Kirche in Matgendorf und einer Kapelle in Schwetzin in den 1950er Jahren.
Nach der Gründung der DDR blieb Groß Wüstenfelde landwirtschaftlich geprägt. Die Gutsanlage wurde in eine Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) überführt. Das Herrenhaus diente in dieser Zeit als Wohnhaus mit mehreren Mietwohnungen und beherbergte zeitweise auch einen Kindergarten. Die ursprüngliche Struktur der Anlage blieb erhalten, wurde jedoch funktional überformt.
Nach der politischen Wende ging das Gutshaus 1994 in privaten Besitz über. In den Jahren 1995 und 1996 wurde das Haus umfassend saniert. Dabei legte man großen Wert auf den Erhalt der historischen Bausubstanz. Die Fachwerkstruktur blieb ebenso erhalten wie originale Dielenböden und barocke Fensterrahmungen. Zugleich wurde das Haus mit zeitgemäßer Haustechnik ausgestattet. Heute befinden sich einige Wohnungen im Haus und wird privat genutzt.
 
				 
															 
															