Herrenhaus Groß Lüsewitz @ Historische Häuser

Herrenhaus | Schloss Groß Lüsewitz in Mecklenburg-Vorpommern

Am Ende der Straße steht das repräsentative Herrenhaus Groß Lüsewitz, das durch seine Größe und die angesetzten Türme eher an ein Schloss erinnert. Der Bau erhebt sich im Stil der Neorenaissance und wird durch eine große Parkanlage im englischen Stil mit Teichen ergänzt.

Erstmals urkundlich erwähnt wurde das Rittergut Groß Lüsewitz im Jahr 1344. Bis 1485 befand es sich im Besitz der Familie von Thulendorf. Dieses Geschlecht starb nach 1485 und vor 1489 im Mannesstamm aus.

Danach kam das Gut an Dietrich von Bevernest (verheiratet mit Anna Regendank). Er erhielt von den Herzögen von Mecklenburg die Güter Tulendorf, Lüsewitz, Petschow und Wolfsberg und ist bereits 1492 als Besitzer von Lüsewitz belegt. 1496 erfolgte zudem seine Belehnung mit dem Gut Niendorf im Amt Ribnitz. 1505 übergaben ihm die Herzöge Balthasar und Heinrich Schloss und Vogtei Wredenhagen erneut auf zehn Jahre. Spätestens um 1510 bekleidete Dietrich von Bevernest das Amt eines Rats der Herzöge Heinrich und Albrecht. Mit ihm wurde Lüsewitz zum Hauptsitz der Familie von Bevernest, die für rund anderthalb Jahrhunderte eine prägende Rolle spielte.

Sein Enkel Dietrich von Bevernest (†1608) führte das Gut weiter und war von 1589 bis 1608 Landrat in Mecklenburg. Während des Dreißigjährigen Krieges erscheint Gregorius von Bevernest (etwa 1578–1636), Geheimer Rat und Landrat, als Besitzer von Lüsewitz. 1625 erhielt er die Verpfändung von Amt und Festung Plau. Nach ihm übernahm sein Sohn Joachim Friedrich von Bevernest (†1665) den Besitz. Mit dessen Tod starb die Linie der Familie von Bevernest in Mecklenburg aus. Ein schwerer Vermögenszusammenbruch in der Zeit zwischen 1637 und 1674 führte zum Ende des Besitzes der Familie von Bevernest auf Groß Lüsewitz.

1674 erwarb Hauptmann Hans Rudolph von Grabow (†1679) das Gut. Seine Erben überließen das 1408 Hektar große Anwesen zwischen 1701 und 1713 für zwölf Jahre Landrat Bogislaw Ernst von Petersdorff (1630–) und seiner Ehefrau Anna Margarethe von Warnstädt gegen eine Summe von 31.500 Talern. 1720 verkauften die Grabowschen Erben Lüsewitz für 43.000 Taler an Hans Christian von Sala. 1732 gelante das Gut in der Rechtsnachfolge an die Familie von Zülow, vertreten durch einen Oberst, der später Generalmajor wurde. Zu dieser Zeit gehörten Groß Lüsewitz und Klein Lüsewitz demselben Gutsherrn.

Von 1740 bis 1794 befand sich Lüsewitz im Besitz des königlich dänischen Majors Philipp Gustav von Walsleben (1694–1779) und seiner Ehefrau Beate Elisabeth von Mevius. Ihr Sohn Detlof Philipp von Walsleben (1744–1790), mecklenburgischer Reisemarschall, war Erbherr auf Lüsewitz und mit Freiin Susette Elisabeth Waitz von Eschen verheiratet.

Von 1794 bis 1819 gehörte das Gut der Familie Böckmann. Am 27. August 1819 wurde Hauptmann a. D. Hans Bernd Böckmann von Kaiser Franz I. in Wien in den Adelsstand erhoben. Von 1819 bis 1846 war Carl Friedrich von Keffenbrink Eigentümer von Lüsewitz, danach folgte von 1846 bis 1853 Gustav Adolf Berthold Georg  von Pressentin. Das Herrenhaus Groß Lüsewitz war von 1853 bis 1856 im Besitz von Friedrich Wilhelm August von Lücken und Ludwig Friedrich Bernhard von Arnim. Ab 1856 übernahm Carl Friedrich Hans Helmuth von Arnim als alleiniger Gutsherr.

Am 24. März 1872 wurde auf Groß Lüsewitz die Rostocker Zuckerfabrik Aktiengesellschaft gegründet, ausgestattet mit einem Aktienkapital von drei Millionen Mark. Die Gesellschaft erwarb das Rittergut Groß Lüsewitz für 1.890.000 Mark und errichtete hier die erste Zuckerfabrik Mecklenburgs. Das Unternehmen entwickelte sich von Anfang an ungünstig. Ende 1875 wies die Gesellschaft bereits eine Schuldenlast von 2.218.541 Mark auf, obwohl im ersten Jahr noch eine Dividende von rund 130.000 Mark ausgeschüttet worden war. Am 28. April 1876 ging das Gut mit der Zuckerfabrik für 2.568.000 Mark an August Ludwig Philipp Sellier aus Jena über. Diese erklärte jedoch bereits im Mai 1879 seine Zahlungsunfähigkeit. Am 3. Juni

1880 kam es zur Zwangsversteigerung der Ländereien. Den Zuschlag erhielt der Berliner Kaufmann Gottlieb Friedrich Ferdinand Biermann (1822-1893), der das Gut für 1.061.000 Mark ohne Inventar übernahm. Die Zuckerfabrik stellte endgültig ihren Betrieb ein. 1884 folgte dessen Sohn Friedrich Ferdinand Biermann, der 1889 den Homagial-Eid auf den Landesherrn ablegte. 1895 wurde das barocke Herrenhaus durch einen Brand zerstört.

Bereits im Jahr darauf begann Friedrich Ferdinand Biermann mit dem Neubau. Er beauftragte den Architekten Gotthilf Ludwig Möckel, der als Baurat im Dienst von Großherzog Friedrich Franz III. stand. Möckel, bekannt für seine Bauten im Stil der Neogotik und Neorenaissance, schuf zwischen 1896 und 1898 unter Mitwirkung seines Assistenten Paul Johannes Adolf Korff einen reich gegliederten Putzbau. Nur Portale, Giebel und Fensterleibungen entstanden aus Formziegeln.

Der Bau erhebt sich über einem unregelmäßigen Grundriss und ist zwei- bis dreigeschossig ausgeführt. Seine helle Putzfassade wird durch Werkstein für Rahmungen und dekorative Details akzentuiert. Die Fassaden sind durch Risalite, Erker, Loggien und Zwerchhäuser wirkungsvoll belebt, während Schmuckgiebel und Balkone den repräsentativen Charakter unterstreichen. Das Hauptportal liegt an der dorfseitigen Front. Es ist über eine kurze Granittreppe erreichbar und wird von Pilastern eingefasst, die einen Dreiecksgiebel tragen. Die aufwendig gestaltete Eingangstür ist verglast und wird von ionischen Säulen flankiert. Besonders markant ist der hohe achteckige Turm an der Südostecke. Sein oberstes Geschoss ist vollständig aus Naturstein erbaut, mit schlanken Ecksäulen, Vorhangbogenfenstern und fächerförmigen Lünettengiebeln ausgestattet. Darüber erhebt sich eine Haube mit offener Laterne. Diese Gestaltung erinnert an Formen der Renaissance

Nach dem Tod von Friedrich Ferdinand Biermann erbte dessen ältester Sohn Werner Gustav Wilhelm Karl Biermann (1887 – 1968) das Allodialgut und verkaufte es an Hans Thyssen (1890–1943) aus Mülheim, einen Neffen des Industriellen August Thyssen. Vor Kriegsende ging es auf dessen Sohn Hans Eberhard Thyssen (1919–2019) über, den letzten privaten Eigentümer bis zur Enteignung 1945. Das Gut wurde in dieser Zeit von der Familie Kühn verwaltet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Anwesen enteignet und ging in den Besitz des Landes Mecklenburg über. Zunächst diente das Herrenhaus bis 1949 als Tuberkulose-Krankenhaus. Bereits 1948 war hier ein Kartoffelzüchtungsinstitut unter Leitung von Professor Dr. Rudolf Schick gegründet worden. Ab 1952 war es als Institut der Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften eingegliedert. Die Forschung setzte sich nach der Wiedervereinigung in der Bundesanstalt für Züchtungsforschung an Kulturpflanzen fort und besteht mit Nachfolgeinstitutionen bis heute am Standort.

1982 verursachte ein Brand erhebliche Schäden. Nach Teilsanierungen blieb das Schloss bis 2012 in Gemeindebesitz. Von 1991 bis 2012 bewohnte Volker Oelschläger mit seiner Familie das Gebäude als Mieter. 2013 erwarben Volker und Sandra Oelschläger das Schloss von der Gemeinde Sanitz und sanierten es. seitdem befindet es sich im Privatbesitz. Hier befindet sich ein Firmensitz, Ferienwohnungen und das Haus wird für Veranstaltungen genutzt. Zum Herrenhaus gehörte ein englischer Landschaftspark mit künstlich angelegten Teichen.

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