Herrenhaus | Schloss Semlow © Historische Häuser | Alte Häuser

Herrenhaus | Schloss Semlow in Mecklenburg-Vorpommern

Eingebettet in die Landschaft der Vogelparkregion Recknitztal, unweit des Darß, liegt das klassizistische Herrenhaus Semlow. Direkt angrenzend erstreckt sich ein 20 Hektar großer englischer Landschaftspark mit Teich, der mit seinen weiten Sichtachsen und alten Bäumen beeindruckt.

Semlow wurde erstmals 1320 urkundlich erwähnt und gehörte der Familie von Thun, die ihren Stammsitz in Schlemmin hatte. Der Ortsname ist slawischen Ursprungs und bedeutet vermutlich „Neue Erde“ oder „Neue Heimat“. Ganz in der Nähe des Schlosses befindet sich eine Großsteingrabstätte mit Großdolmen. Das trapezförmige Hünenbett stammt aus der mittleren Jungsteinzeit (2500–2000 v. u. Z.) und weist somit auf eine deutlich frühere Besiedlung des Gebietes hin.

Ab 1398 wurde Johan Bere und ab 1415 Bulder Bere als Mitbesitzer des Dorfes genannt. Im Jahr 1565 unterschrieb Otto von Thun einen Tauschvertrag mit Gert Behr und verzichtete somit auf seine Anteile an Semlow. Zu dieser Zeit befand sich an der Stelle des Herrenhauses eine Grenzburg, die als Schutzbau zur nur drei Kilometer entfernten Grenze zu Mecklenburg diente. Die Familie von Behr erwarb weite Teile der Region und hatte hier bis zur Enteignung im Jahr 1945 ihren Stammsitz.

Semlow litt schwer unter den Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648). Mit dem Westfälischen Frieden von 1648 fiel Vorpommern unter schwedische Herrschaft. Erst 1815 wurde das Gebiet preußisch und Semlow in die Provinz Pommern eingegliedert.

1766/67 nahm Carl August von Behr nach dem Erlöschen der Linie von Negendank deren Namen und Wappen an. Die Mutter seiner Gemahlin, Gräfin Sophie Helene Eleonore von Eickstedt-Peterswaldt, war eine geborene von Negendank. Zusammen mit seiner Frau stiftete er drei Fideikommisse für Semlow, Cavelsdorf und Torgelow. Die Semlower Familie führte danach den Namen von Behr-Negendank weiter.

Im Jahr 1825 veranlasste der Politiker und preußische Kammerherr Carl August David Friedrich Ulrich von Behr-Negendank (1791–1827) zusammen mit seiner Gemahlin Freiin Sophie Eleonore Helmine von Maltzahn den Bau des Mitteltrakts des Herrenhauses in Semlow. Zuvor stand hier seit dem 13. Jahrhundert eine slawische Burg. Der herzogliche mecklenburgische Hofbaumeister Friedrich Wilhelm Buttel (1796–1869) entwarf das klassizistische Herrenhaus.

Das Herrenhaus Semlow ist ein 15-achsiger Putzbau mit klaren, klassizistischen Formen. Charakteristisch ist der Mittelrisalit mit vier dorischen Säulen, der die Fassade zur Dorfseite dominiert. Auf dem Portikus ruht ein Altan, der dem Gebäude eine elegante, symmetrische Gliederung verleiht.

Durch das hohe Kellergeschoss wirkt das Herrenhaus zur Hof- und Parkseite dreigeschossig, während es zur Dorfseite nur zwei Geschosse aufweist. Die Rückseite des Gebäudes wird durch einen fünfachsigen Mittelrisalit betont, der von flachen Wandsäulen umrahmt wird. Ursprünglich war dieser Teil des Gebäudes mit einem Dreiecksgiebel versehen.

Um 1850 ließ Ulrich Carl August Wilhelm Hermann Axel Graf von Behr-Negendank (1826–1902) zusammen mit seiner Ehefrau Elma Sophie Elisabeth Amalie zu Innhausen und Knyphausen, Gräfin zu Innhausen und Knyphausen, das Herrenhaus bedeutend erweitern. An der östlichen Gebäudeseite wurde ein Gewächshaus mit einer verglasten Orangerie errichtet, die von einem markanten, viereckigen Massivturm geprägt war. Der westliche Flügel nahe der Kirche wurde um 1868 als Wohnbereich des Schlossbesitzers errichtet. Um 1860 entstand zudem ein dreigeschossiger Pavillon. Der Turm existiert seit 1945 nicht mehr. Später wurde die Orangerie umgebaut. Zwischen dem Schloss und der Orangerie führt eine steile Treppe direkt in den Schlosspark.

Über Jahrhunderte hinweg vergrößerte die Familie von Behr-Negendank ihren Besitz erheblich. Zum Gut Semlow gehörten zahlreiche Nebengüter, darunter Carlshof, Palmzin, Wossen, Stormsdorf und Weitenhagen. Später kamen noch Behrenwalde, Katzenow und Koitenhagen hinzu. Zusätzlich besaß die Familie die Güter Dölitz und Kranichshof. Mit diesen ausgedehnten Ländereien entwickelte sich die Familie zu einem der größten und einflussreichsten Gutsbesitzer Pommerns. Erst mit der Enteignung nach 1945 endete ihre jahrhundertelange Besitzherrschaft über das Gut Semlow. Letzter Besitzer des 1.141 Hektar großen Gutes war Karl Ulrich Graf von Behr-Negendank. Die Familie lebte zuletzt auf dem Rittergut Plennin.

1945 wurde die Familie von Behr-Negendank enteignet, das Herrenhaus geplündert und teilweise beschädigt. Die Ausstattung der Bibliothek, in der auch eine bedeutende Porzellansammlung verwahrt wurde, ging dabei verloren. Nach dem Krieg diente das Gebäude zunächst als Unterkunft für Flüchtlinge und Vertriebene. In den folgenden Jahrzehnten wurde es als Schule, Kindergarten, Speisesaal und Gemeindebibliothek genutzt. Außerdem gab es einige Wohnungen im Herrenhaus. Während der DDR-Zeit wurde das Gebäude vereinfacht saniert: Der Turm wurde abgerissen, die Dreiecksgiebel der Mittelrisalite entfernt, ebenso wie Gesimse und Fassadenschmuck. Die Orangerie wurde massiv umgebaut und zur Parkseite hin um einen hohen Schornstein ergänzt.

1999 übernahm die Gemeinde das Anwesen. Seit 2012 befindet sich das in 15 Achsen bemessene Herrenhaus in Privatbesitz. Vor dem Schloss liegt ein Rondell mit einem Springbrunnen. Das Herrenhaus wurde umfassend saniert und erhielt den hofseitigen Dreiecksgiebel des Mittelrisaliten zurück. Besonders hervorgehoben wird der Mittelrisalit durch seine farbliche Gestaltung. Im Dorf selbst sind noch einige Backsteinhäuser aus den Jahren 1852/53 erhalten.

Landschaftspark Herrenhaus | Schloss Semlow

Direkt hinter dem Herrenhaus erstreckt sich der 20 Hektar große Landschaftspark, der zwischen 1851 und 1855 nach den Plänen des Potsdamers Gustav Meyer (1816–1877), einem Schüler des bekannten Gartenkünstlers Peter Joseph Lenné, angelegt wurde. Meyer war zunächst als Gartenkonduktor in Potsdam tätig, wurde später Hofgärtner und schließlich Gartendirektor der Stadt Berlin.

Der Park ist im englischen Stil gestaltet und besticht durch weite Sichtachsen, sanfte Hügel, geschwungene Wege und idyllische Teiche. Der größte Teich wurde 1853 angelegt und war zuvor eine Sumpfwiese.

Dendrologische Besonderheiten wie eine Sumpfzypresse sowie ein nordamerikanischer Nadelbaum sind im Park erhalten geblieben. Einige historische Parkarchitekturen, darunter das Bärentor, der Teetempel, eine Grotte und die Adlersäule, sind hingegen nicht mehr vorhanden.

Seit 1965 steht der Park unter Denkmalschutz und befindet sich im Besitz der Gemeinde.

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