Ein absolutes Juwel steht unweit des Dassower Sees und somit fast an der Grenze zu Schleswig-Holstein, das barocke Herrenhaus | Schloss Johannstorf im Landkreis Nordwestmecklenburg. Die historische Anlage umfasst das Herrenhaus, ehemalige Wirtschaftsgebäude sowie ein Torhaus und geht auf eine mittelalterliche Wasserburg zurück, die einst an dieser Stelle stand. Zwar erhielten Fassade und Dach des Herrenhauses bis 2020 eine Teilrestaurierung, doch ein verheerender Brand im März 2025 zerstörte große Teile des Daches sowie vermutlich auch bedeutende Ausstattungsdetails im Inneren. Die Außenmauern blieben erhalten, sind jedoch statisch gefährdet. Die übrigen Gebäude der Gutsanlage befinden sich weiterhin in einem fortschreitenden Verfall. Auch der historische Park, einst barock gestaltet, ist inzwischen verwildert.
1230 wird Johannstorf erstmalig als Bauerndorf erwähnt. Johannstorf mit seinen zugehörigen Gütern war seit dem 13. Jahrhundert der Stammsitz der mecklenburgischen Linie der Familie von Buchwald. Das Schloss steht an der Stelle eines spätmittelalterlichen befestigten Hofes. Die Erbjungfer Margrethe Barbara von Buchwald (1648–1707) vermählte sich im Jahr 1669 mit Claus Christoph von Schack (1637–1668). Seitdem führte die Familie den Namen Schack von Buchwald weiter. Der Lübecker Domherr und sächsisch-gothaische Geheime Rat Schack von Buchwald (1705–1770) ließ von 1739 bis 1743 das heutige Gutshaus errichten. Der schwedisch-deutsche Hofbaumeister und Bauinspektor Rudolph Matthias Dallin (1680–1743) war für den Entwurf verantwortlich. Zeitgleich erbte die Ehefrau des Bauherren, Eleonore Elisabeth von Plessen, das Gut Basthorst in Schleswig-Holstein von ihrem Vater. Zum Besitz der Familie gehörte auch die Halbinsel Priwall, die 1803 durch die Reichsfriedensdeputationserlasses an Lübeck übergeben wurde.
Das von 1740 bis 1743 errichtete Herrenhaus Johannstorf ist ein Hauptwerk des Barock in Mecklenburg-Vorpommern und eines der letzten erhaltenen Wasserschlösser des Landes. Der massive, quaderförmige Backsteinbau ruht auf einer künstlich angelegten Insel und beeindruckt bis heute durch seine repräsentative Erscheinung. Zwei Vollgeschosse und ein Souterrain mit Kreuzgrat- und Tonnengewölben wurden von einem weitläufigen abgewaltem Mansarddach abgeschlossen. Dieses Dach wurde beim Brand im März 2025 vollständig zerstört.
Die elfachsige Fassade aus rotem Backstein ist durch angedeutete Rustika an den Gebäudeecken sowie pastellgelbe, geputzte Lisenen gegliedert. Besonders markant ist auf beiden Längsseiten der dreiachsige Mittelrisalit mit Kolossalpilastern, der der Architektur eine monumentale Wirkung verleiht. Über dem Eingangsportal mit aufwendigen Sandsteindekorationen erhebt sich ein Dreiecksgiebel mit dem in Stein gearbeiteten Wappen der Familie von Buchwald, eingefasst im Stern des Annenordens.
Die Hofinsel, auf der das Herrenhaus errichtet wurde, entstand durch die gezielte Verlegung eines Kanals und war ursprünglich von gemauerten Wassergräben umgeben, die heute noch in Fragmenten erhalten sind. Ein weiterer architektonischer Blickfang ist das Torhaus mit seiner Wappenkartusche der Familie Eckermann, das als eines der wenigen Beispiele dieser Art in Mecklenburg gilt. Der Wirtschaftshof mit Stallungen schließt sich dem Torhaus an. Der Weg dazwischen ist mit Feldsteinen befestigt.
Im Inneren hatte sich bis zum Brand im März 2025 die barocke Raumstruktur weitgehend erhalten. Das großzügige Vestibül wurde von einer zweiläufigen Freitreppe dominiert, die im oberen Bereich einläufig weiterführte. Der Festsaal beeindruckte durch deckenhohe Holzpaneele, kunstvoll gestaltete Pilaster sowie spätbarocke Stuckaturen und Gesimse. In den Gebäudeecken befanden sich Kamine, die Erdgeschossräume wiesen Stuckdecken, stuckierte Supraporten und vereinzelt Reste von Wandbespannungen auf. Ob Teile dieser Ausstattung das Feuer überstanden haben, ist bislang nicht gesichert, der Verlust gilt jedoch als wahrscheinlich.
Nach einer kurzen Phase im Besitz der Familie von Wallmoden wurde das Gutshaus 1782 von Michael Gottfried Eckermann erworben. Die Familie Eckermann war vorher bereits Verwalter des Allodialguts. Die Familie blieb über mehrere Generationen hinweg Eigentümer, bis das Gut im Jahr 1945 enteignet wurde.
An der Zufahrt liegt das eingeschossige Torhaus aus Backstein mit Krüppelwalmdach, das 1910 renoviert wurde. In den anliegenden Gebäude war ursprünglich der Pferdestall. Das Torhaus ist eines der wenigen erhaltenen Beispiele dieser Art in Mecklenburg. Noch heute ist das Wappen der Familie Eckermann über dem Torbogen sichtbar. Während des Zweiten Weltkriegs wurde der Dachreiter des Torhauses beschädigt; die verbliebenen Teile wurden später durch im Herrenhaus untergebrachte Flüchtlinge gesichert und im Eingangsbereich aufbewahrt. Dieser historische Dachreiter ist nun ebenfalls nicht mehr vorhanden.
Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Enteignung der Familie Eckermann durch die Bodenreform im Jahr 1945 wurden im Obergeschoss des Herrenhauses Flüchtlinge aus Ostpreußen untergebracht. Im Untergeschoss befanden sich ein Konsum, das Gemeindebüro, eine Bibliothek, ein Kindergarten und verschiedene Wohnungen. Einige Räume dienten dem Volkskundemuseum Schönberg als Lager. Im Jahr 1952 wurden die angrenzenden Bauern durch die SED zum Eintritt in die Produktionsgenossenschaften (LPG) gezwungen. Johannstorf gehörte später der LPG Pötenitz an und betrieb eine Viehwirtschaft mit Kühen und Schweinen. Angrenzend befand sich der Sperrzaun der ehemaligen DDR.
Trotz zahlreicher Veränderungen blieb die barocke Innenstruktur weitgehend erhalten. Das große Treppenhaus, der Festsaal sowie Stuckarbeiten und hölzerne Wandvertäfelungen haben die Jahrzehnte überstanden – die ursprüngliche Möblierung jedoch nicht.
Nach der Wende fiel das Herrenhaus in den Besitz der Gemeinde Pötenitz, die das Gebäude und Teile des Parks 1992/93 für 331.000 DM an einen Geschäftsmann veräußerte. Die Stallgebäude sowie die Hoffläche gehörten der bundeseigenen Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG). Doch anstelle der erhofften Sanierung geriet das Gebäude in einen jahrelangen Rechtsstreit. Da der Käufer die vereinbarten Investitionen in Höhe von 1,3 Millionen Euro innerhalb von fünf Jahren nicht erbrachte, bemühte sich die Stadt Dassow ab 2007 um eine Rückabwicklung des Verkaufs.
Im Jahr 2011 entschied das Landgericht Schwerin zugunsten der Stadt, die das Herrenhaus für 108.000 Euro zurückfordern konnte. Allerdings folgte eine Berufung und 2013 einigten sich beide Parteien auf einen Vergleich. Das Schloss verblieb im Privatbesitz, während der Eigentümer sich zu umfassenden Sanierungsmaßnahmen verpflichtete.
Obwohl das Herrenhaus bis zum Jahr 2020 ein neues Dach und eine restaurierte Fassade erhielt, blieb der übrige Teil der Gutsanlage sich selbst überlassen. Die Wirtschaftsgebäude und das Torhaus verfallen weiter, der einst barocke Garten ist nicht mehr als eine verwilderte Fläche, und der umliegende Wassergraben versumpft zunehmend. Trotz der erfolgten Restaurierungsmaßnahmen bleibt das Gutshaus unbewohnt. Fenster und Türen sind verriegelt, um das Gebäude vor Vandalismus zu schützen, und die gesamte Hofinsel ist nicht öffentlich zugänglich.
Die Hofanlage, westlich des Herrenhauses gelegen, wird durch die Wirtschaftsgebäude und dem Torhaus begrenzt. In ihrer ursprünglichen Konzeption könnte sie von Schloss Bothmer inspiriert worden sein, wobei Johannstorf auf flankierende Pavillons verzichtete und lediglich das Herrenhaus von Wasser umgeben war. Heute liegt die Gutsanlage innerhalb eines Naturschutzgebiets.
Auch als Filmkulisse diente Johannstorf bereits: Im Jahr 2008 wurde hier der preisgekrönte Film Das weiße Band – Eine deutsche Kindergeschichte von Michael Haneke gedreht.
Herrenhaus Johannstorf nach dem Brand im März 2025
Am 1. März 2025 brach im Herrenhaus Johannstorf ein verheerender Brand aus. Innerhalb kürzester Zeit stand der gesamte Dachstuhl in Flammen. Sieben Feuerwehren waren im Einsatz, konnten das Übergreifen des Feuers jedoch nicht verhindern. Der Dachstuhl stürzte ein, Fenster und Türen wurden durch die enorme Hitze zerstört. Zwar stehen die Außenmauern noch, doch laut einem hinzugezogenen Statiker besteht akute Einsturzgefahr. Die Polizei geht von Brandstiftung aus, die Ermittlungen laufen weiterhin.
Zum Zeitpunkt des Brandes war die Eigentumslage des Gutshauses ungeklärt. Laut Bürgermeister Sascha Kuhfuß soll der Kaufvertrag mit dem bisherigen Eigentümer rückabgewickelt werden. Ende Juni ging das Herrenhaus schließlich in das Eigentum der Stadt Dassow über. Die umliegenden Wirtschaftsgebäude waren bereits zuvor im Eigentum der Stadt Dassow. Im August soll nun die dringend notwendige Notsicherung des Herrenhauses beginnen.
Trotz der massiven Schäden bleibt der Denkmalwert des Ensembles aus Herrenhaus, Torhaus und Stallungen bestehen. Die Hofinsel rund um das Herrenhaus bleibt gesperrt. Ziel der Stadt Dassow ist es, das Gebäude kurzfristig zu stabilisieren und ein Nutzungskonzept zu erstellen. Der erste und entscheidende Schritt: ein Notdach. Dafür werden über 500.000 Euro benötigt. Momentan ist das historische Herrenhaus ungeschützt der Witterung ausgesetzt.
Unterstützen Sie die Rettung des Herrenhauses Johannstorf mit Ihrer Spende an die Deutsche Stiftung Denkmalschutz. Die Spendenaktion ist ein gemeinsames Projekt der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, des Landkreises Nordwestmecklenburg und Historische Häuser (Juliane Kruse).

Spendenkonto/Verwendungszweck:
Deutsche Stiftung Denkmalschutz IBAN: DE71 500 400 500 400 500 400 BIC: COBA DE FF XXX • Commerzbank AG Verwendungszweck: PR07707-01
Schloss Johannstorf Online-Spenden: www.denkmalschutz.de/spende-johannstorf