Das spätklassizistische Gutshaus Schmakentin steht in einem kleinen Ort in der Nähe der Hansestadt Wismar. Eingebettet in den Resten des alten Parks wird es behutsam erhalten.
Am 11. Juni 1217 wird der Ort Schmakentin erstmalig als „Zmaguntin“ erwähnt. Damit ist der Ort über 800 Jahre alt und somit älter als beispielsweise die Hansestadt Wismar, die 1229 gegründet wurde und die älteste Hansestadt in Mecklenburg-Vorpommern ist. Anlass der Erwähnung Schmakentins war, dass Heinrich Borwin I., Fürst von Mecklenburg, das Dorf an das Lübecker Johanniskloster verkaufte. Ende des 13. Jahrhunderts wird der Hauptmünzer und spätere Ratsherr Gerwin in der Geschichte der Stadt Wismar genannt. Der wohlhabende Gerwin vermachte dem Kloster Wismar seine Hufe in Schmakentin „Smagontin“ unter Zeugnis des Fürsten Johann von Mecklenburg.
Das Gut ging durch die Hände der Familie Boye, einer dänischen Familie, die in Lüneburg als Salzjunker zu Geld kam und 1749 geadelt wurde. Friedrich Wilhelm Boye, der letzte Gutsherr der Familie Boye auf den Gütern Schmakentin und Zurow, setzte am 18. April 1755 gemeinsam mit anderen Gutsherren seine Unterschrift unter den sogenannten „Landesgrundgesetzliche Erbvergleich“. Diese Vereinbarung markierte einen bedeutenden Schritt in der politischen Ordnung Mecklenburg-Schwerins: Herzog Christian Ludwig II. einigte sich darin mit den Vertretern der mecklenburgischen Ritterschaft und der städtischen Stände auf eine Neuordnung ihrer Rechte und Pflichten.
Friedrich Wilhelm Boye verkaufte die Güter Schmakentin und Zurow an den mecklenburgisch-schweriner Landrat Otto Christoph von Raven (1729-1799), dem auch das Gut Ravensruh gehörte. 1801 verkaufte dieser Ravensruh und Schmakentin an Anton Friedrich Krafft. Im Besitz der Familie Krafft blieb Schmakentin bis 1828, als die Brüder Friedrich und August Unruh das Gut übernahmen. Die Familie Unruh war Pächter des nahegelegenen Guts Warksdorf und stammte aus einer alten mitteldeutschen Patrizier- und Gelehrtenfamilie. Ab 1836 war Friedrich Unruh alleiniger Eigentümer des Guts Schmakentin. Es gibt jedoch eine weitere Quelle, die ab 1836 die Familie von Meding als Besitzer angibt; zuvor hatte diese Familie das Gut Maßlow verkauft.
1841 gelangte das Gut mittels eines Lotteriegewinns in den Besitz des Landwirts Werner Friedrich Keding, dessen Familie das Gut bereits 1826 gepachtet hatte und es bis 1945 in ihrem Eigentum behielt. 1871 übernahm Christian Friedrich Keding das Gut. Er war Leutnant der Reserve des Dragoner-Regiments sowie Adjutant der Kommandantur vom Hauptquartier. Der neue Gutsherr war ein guter Geschäftsmann. Ihm gehörte ab 1896 zusammen mit dem Kaufmann und Kommerzienrat Gustav Jantzen in Wismar die Getreidehandlung G. W. Löwe, die von Gustav Wilhelm Löwe gegründet wurde. Gemeinsam entwickelten sie die Firma zu einem großen Exportunternehmen mit zwei eigenen Dampfschiffen. Sie handelten mit Kunstdünger und Futtermitteln und importierten gleichzeitig englische Steinkohle und Mais. Am alten Hafen von Wismar ist der 1934/1935 erbaute und noch bestehende Löwe-Speicher ein Zeugnis des erfolgreichen Geschäfts. Der Löwe-Speicher wurde vom Kieler Architekt Heinrich Hansen entwurfen. 1893 hatte der Getreidehandel den danebenstehenden Thormann-Speicher erworben, der vorher dem Kaufmann und Reeder Johann Christian Thormann gehörte, einem Bruder des Wismarer Architekten Heinrich Thormann. Zusammen mit dem Ohlrich- und dem Kruse-Speicher gehören sie heute zum UNESCO-Weltkulturerbe. 1929 verstarb Christian Friedrich Keding und sein Sohn Carl Friedrich Keding übernahm das 389 Hektar große Allodialgut. Die Getreidehandlung, die ab 1919 von Friedrich Jantzen geführt wurde, ging 1929 an Max Keding, den Bruder des neuen Gutsbesitzers, über. Der Getreidehandel wurde vor dem Krieg von Max Keding verkauft, er zog mit seiner Ehefrau nach Wiesbaden.
Das spätklassizistische Gutshaus stammt aus dem Ende des 18. Jahrhunderts und wurde als zweigeschossigen Putzbau mit Walmdach errichtet. Zur Hofseite zeigt sich das Gutshaus über sieben Achsen mit einem Mittelrisaliten und angedeuteten Seitenrisaliten. Der Mittelrisalit trägt ein Satteldach. Zur Parkseite wurde der Saal in Form einer Apsis mit Rundbogenfenster vergrößert, die Fenster wurden im Laufe der Jahre zugemauert. Hier finden sich neun weitere Achsen und ein angedeuteter Mittelrisalit. Im Inneren kann das Gutshaus auf eine große Besonderheit im Erdgeschoss verweisen. Das Erdgeschoss ist im Westflügel des Gutshauses um einen Versatz erhöht. Dieser Versatz zeichnet sich auch im Souterrain aus, aber nicht in den weiteren Geschossen.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Bodenreform im Herbst 1945 wurde die Familie Keding enteignet. Im Gutshaus wurden Flüchtlinge untergebracht und es wurde innen umgestaltet. Die Kommunale Wohnungsverwaltung (KWV) wurde Besitzer des Gutshauses. Während der DDR-Zeit fand im Foyer des Gutshauses der Dorfkonsum seinen Platz. Die Verzierungen an der Außenhülle des Gutshauses wurden abgeschlagen und das Gutshaus teilweise umgebaut. Nach der Wende 1990 verfiel das Gutshaus und sollte abgerissen werden, da es nicht unter Denkmalschutz stand. Insgesamt brannte es zweimal auf dem Gut: einmal im Jahr 1922, wobei viele Gebäude in Flammen aufgingen, und erneut 2004, als das Gutshaus betroffen war. Leerstand und Vandalismus taten ihr Übriges.
2005 ersteigerte ein Architekt aus Hessen das Gutshaus, wodurch die Abrisspläne verhindert werden konnten. Zusätzlich wurde 2009 der Förderverein Schmakentin gegründet. Das Gutshaus sowie der Park waren zugemüllt und verwildert. 2008 gelang es, den verwilderten Gutspark mitsamt dem Apfelgarten alter Sorten wiederherzustellen. Im Park bestehen bis heute 100-jährige Linden, Platanen, Kastanien, Stieleichen und weitere Besonderheiten wie ein Ginkgo biloba. Außerdem wachsen hier die „Schmakentiner Riesen“, eine besonders große Walnussfrucht. Das Gutshaus selbst wird langsam nach entstehungsgeschichtlichen Vorlagen restauriert und soll irgendwann wieder im Glanz von 1841 erscheinen.