Die Landschaft rund um das barocke Herrenhaus Dölitz ist geprägt von weiten Feldern und den alten Alleen des mecklenburgischen Hinterlandes. Abseits großer Verkehrswege bewahrt der Ort seine stille, beinahe unveränderte Struktur, in deren Mitte das barocke Herrenhaus als Herzstück des ehemaligen Gutes steht. Bekannt wurde Dölitz und seine Bewohner durch die NDR-Sendung „Mit Mut, Mörtel und ohne Millionen“.
Die Ursprünge des Ortes Dölitz reichen weit zurück. Der Name wurde erstmals 1253 als Doliz urkundlich erwähnt, 1261 erneut als Doliz und 1314 als Døliz. Er leitet sich vom altslawischen dolŭ ab und bedeutet „Grube“ oder „Tal“, sinngemäß also „Talort“. Die heutige Namensform entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte durch sprachliche Veränderungen. Im Zuge der Christianisierung durch Heinrich den Löwen wurden die Familien de Warborch und von Jesewitz in der Gegend von Dölitz angesiedelt, und ein Heinricus de Warborch mit unum in Dolitz wird in den Jahrbüchern über „Meklenburgs deutsche Colonisation im 12. und 13. Jahrhundert“ genannt. Im Jahr 1261 übertrug Bischof Hermann dem Kloster Dargun eine Hufe an Dölitz. Der Ort gehörte zur mecklenburgischen Ritterschaft und entwickelte sich als kleines Angerdorf, das abseits des heutigen Dorfes Dölitz lag.
Die erste namentliche Nennung eines Besitzers des Ortes Dölitz erfolgte jedoch deutlich später: Eggert von Levetzow, geboren 1423, aus dem Hause Lunow. Die Familie von Levetzow blieb bis etwa 1634 im Besitz der Güter Dölitz, Lunow und Boddin. Der Dreißigjährige Krieg (1618–1648) verwüstete Mecklenburg und entvölkerte das Land, die Dörfer und Städte. Der Ort Laage hatte 1648 noch sechs Einwohner.
Hans von Levetzow und sein Sohn Heinrich gerieten in Konkurs. Im Jahr 1640 kam es zu einem Prioritätsurteil, durch das die Güter Dölitz und Boddin sowie ein Anteil an Lunow an die zwei Hauptgläubiger adjudiziert wurden: an Hans Friedrich von Lehsten (1621–1677), Sohn der Catharina I. von Levetzow a. d. H. Lunow und Ehemann der Catharina II. von Levetzow a. d. H. Lunow, und an den deutschen Geheimrat, Kanzler und Premierminister Hans Zacharias II. von Rochow (1603–1654), dessen Mutter Margaretha von Levetzow a. d. H. Lunow war. Hans Friedrich von Lehsten (1621–1677), Gutsbesitzer auf Wardow, wurde dadurch – gemeinsam mit seiner ersten Ehefrau Catharina von Levetzow a. d. H. Lunow – zunächst Miteigentümer der Güter. Im Jahr 1670 konnte er auch den Rochowschen Anteil übernehmen, womit Dölitz vollständig in seinen Besitz überging. Von seinem Stammsitz Wardow verwaltete er zahlreiche weitere Güter, darunter Wesselstorf, Ridsenow, Polchow, Jahmen und später auch Schönau. Er vermehrte seinen Besitz gezielt durch Kauf, Pfandrechte und gerichtliche Verfahren und entwickelte sich zu einem der einflussreichsten Gutsbesitzer im Herzogtum Güstrow. Auf dem Gut Dölitz wurde zu dieser Zeit eine kräftige Wagenpferderasse gezüchtet.
Er war Landrat, Hofgerichtsassessor, Provisor des Klosters Dobbertin und wurde 1660 zum Kanzleidirektor des Güstrower Herzogs ernannt. Im Jahr 1665 – es war die erste Bauphase nach dem Dreißigjährigen Krieg – ließ er das Herrenhaus in Dölitz auf mittelalterlichen Kellergewölben, die vermutlich aus dem frühen 15. Jahrhundert stammen, errichten. Das Herrenhaus Dölitz ist ein zweigeschossiger Fachwerkbau mit Walmdach und einer klaren, symmetrischen Raumstruktur, in der alle Räume durch eine vordere und eine hintere Enfilade miteinander verbunden waren. (Um das Jahr 1720 erhielt das Herrenhaus eine Umgestaltung.)
Zu dieser Zeit war das ehemalige Dorf Dölitz menschenleer. Um das Herrenhaus entstanden neue Wirtschaftsgebäude, auf das Haus ausgerichtet: ein vierseitig umbauter Vorhof mit Scheunen, Stallungen, einer Orangerie, einem Vogelhaus und einem Torhaus. An einer achsial auf das Herrenhaus angelegten Zufahrt aus Richtung Boddin entstanden Tagelöhnerhäuser, des Weiteren ein Holländerhaus, eine Schmiede, eine Stellmacherei. Im Süden des Herrenhauses wurde der barocke Park angelegt, in dem einer der wenigen Irrgärten in Mecklenburg entstand.
Dölitz wurde zum Wohnsitz der Familie von Lehsten. Seine erste Ehefrau, Catharina, verstarb bereits 1646. Im selben Jahr heiratete er seine zweite Ehefrau, Ilsabe von Oertzen. Sie unterstützte ihn in wirtschaftlichen, künstlerischen und wissenschaftlichen Belangen. Gemeinsam übersetzten sie das Werk De rebus gestis Alexandri Magni von Curtius Rufus ins Deutsche – eine Arbeit, die 1676 mit großer Anerkennung veröffentlicht wurde. Beide waren hochgebildet. Das Herrenhaus Dölitz galt als einer der kulturellen und gesellschaftlichen Mittelpunkte seiner Zeit.
Nach dem Tod von Hans Friedrich von Lehsten ging das Gut an den jüngsten Sohn, Christian Wilhelm von Lehsten (1662–1723), der als Landrat des Herzogtums Güstrow und später als führender Vertreter der mecklenburgischen Ritterschaft bekannt wurde. Er verbrachte seine Jugend am Hof des Herzogs in Güstrow. Dort wurde er gemeinsam mit dem Erbprinzen erzogen und erhielt eine breit gefächerte Bildung in Königsberg (Neumark), Frankfurt an der Oder, Rostock, Paris und Kopenhagen. Zwischenzeitlich trat er in dänische Militärdienste und lebte ab 1689 mit seiner Ehefrau Ida Margaretha von Reventlow, Tochter des dänischen Geheimrats Henning von Reventlow und Cousine der dänischen Königin Anna Sophie, auf dem Gut Glasau in Holstein. 1697 zog das Paar nach Mecklenburg und nahm seinen Wohnsitz auf dem Gut Dölitz.
Christian Wilhelm weitete den Familienbesitz aus. 1702 wurde er mit Dölitz und Boddin belehnt, später auch mit Lunow und Tellow. Sein Ziel war es, möglichst viele der früheren Levetzow’schen Besitzungen wieder in Familienhand zu bringen.
Im Jahr 1716 wurde Christian Wilhelm zu einer Schlüsselfigur im Konflikt zwischen der Ritterschaft und Herzog Carl Leopold von Mecklenburg-Güstrow. Als der Herzog mit Hilfe russischer Truppen versuchte, die Rechte der Landstände zu beseitigen, flohen Christian Wilhelm, seine Familie und die ritterschaftliche Kasse nach Ratzeburg, während seine Ehefrau als Verwalterin auf Dölitz verblieb. In Ratzeburg organisierte er gemeinsam mit anderen Adligen den sogenannten „Engeren Ausschuss“ des mecklenburgischen Adels. Für sein politisches Engagement wurde er vom Herzog enteignet und geächtet. Erst mit dem Eingreifen kaiserlicher Truppen und dem Gefecht bei Walsmühlen im Jahr 1719 konnte die alte Ordnung wiederhergestellt werden. Christian Wilhelm kehrte nach drei Jahren nach Dölitz zurück, das er jedoch in einem verwüsteten Zustand vorfand. Ihm wurde allerdings durch die Kommission ein ziemlich bedeutender Schadenersatz zuerkannt.
Dieser Schadenersatz, der Umstand, dass die Landstände als Gewinner aus der Situation hervorgegangen waren, der Stolz, ein Verwandter des dänischen Königshauses zu sein, und statische Probleme im Bereich des Daches werden den Landrat zur Aufwertung seines Wohnhauses durch den Umbau von 1720 veranlasst haben. Dabei blieb die Fachwerkstruktur der Rückseite und des Nordgiebels erhalten, während die Süd- und Westansicht eine barocke Überformung als gemauerte Steinfassade erhielt. Die West-/Hauptfassade wurde durch verputzte Kolossalpilaster schlossartig gegliedert.
Christian Wilhelm von Lehsten starb am 7. Dezember 1723 in Dölitz und wurde im Erbbegräbnis der Familie in Boddin beigesetzt. Seine Frau überlebte ihn, verblieb in Dölitz und behielt das Nießbrauchrecht an Dölitz und Groß Niekör bis zu ihrem Tod. Das Paar hatte fünf Kinder, darunter den Nachfolger auf Dölitz, Julius Heinrich von Lehsten, und dessen Ehefrau Dorothee von Buchwald. Der Besitz ging weiter an den erstgeborenen Sohn Christian Dethlof Friedrich von Lehsten (1732–1797), Herr auf Dölitz und Boddin, und seine Ehefrau Ölgarde von Bassewitz. Deren Söhne Heinrich Ludolf Friedrich von Lehsten (1760–1830) und Karl Leopold Henning von Lehsten (1768–1839) waren die letzten Familienmitglieder der von Lehsten auf Dölitz. Mit ihnen endete 1785 nach rund 150 Jahren die Lehstensche Linie auf Dölitz.
Von 1785 bis 1792 befanden sich die Güter Dölitz, Kranichshof, Boddin und Klein Lunow kurzzeitig im Besitz des Oberforstmeisters Friedrich Ludwig Philipp von Zastrow. 1792 erwarb Pastor Christian Daniel Kremer die Güter gemeinsam mit seiner Ehefrau Magdalene Elisabeth Bülow und vererbte sie 1817 an den Sohn Christian Friedrich Kremer. Zwischenzeitlich versuchte Joachim Detlof von Lehsten, ein preußischer Offizier und Nachfahre der früheren Besitzer, die einstigen Lehstenschen Güter – darunter auch Dölitz – auf dem Rechtsweg zurückzuerlangen. In mehreren Appellationsverfahren berief er sich auf ein altväterliches Retraktsrecht, scheiterte jedoch mit seinen Rückforderungsansprüchen gegen den damaligen Eigentümer Daniel Kremer.
Der Dölitzer Gutsherr Christian Friedrich Kremer starb 1848, woraufhin seine Ehefrau Sophie, geb. Gerling, den Besitz bis 1855 weiterführte. Anschließend übernahm der Semlower Gutsherr Ulrich von Behr-Negendank die Allodialgüter, der am 18. Oktober 1862 von König Wilhelm I. von Preußen in den Grafenstand erhoben wurde.
Die Familie von Behr-Negendank nutzte das Gut Dölitz nicht als Wohnsitz, sondern ließ es von ihrem Stammsitz in Semlow aus verwalten. Die Bewirtschaftung vor Ort erfolgte durch Pächter. Um 1900 wurde das Gut Dölitz gemeinsam mit Kranichshof an den Leutnant a. D. Hugo Walter verpachtet und später verkauft. Zusammen umfassten beide Güter mehr als 1.060 Hektar Land. Von 25 Jahren erfolgreicher Pacht durch Hugo Walter berichtet ein Denkmal im Park. Nach dem Tod des Leutnants im Jahr 1923 erhielt er ein Erbbegräbnis im Park – ein großer Findling markiert die Stelle. Dessen Ehefrau Magda, geb. Schuchardt, übernahm die Verwaltung des Gutes bis 1930. Im Jahr 1931 wurde das Gut an die Mecklenburgische Siedlungsgesellschaft veräußert, die das Gut parzellierte. Die einstigen Scheunen und Stallungen des Rittergutes wurden umgenutzt. Das Dorf Dölitz mit etwa 70 neuen Bauernstellen entstand. Das Herrenhaus kam in den Besitz von Wilhelm Scharffenberg und wurde in das Landhotel „Lindenpark“ umgewandelt.
Um 1901 ersetzte ein markanter Altan mit toskanischen Säulen und Balkon die bis zu diesem Zeitpunkt als Eingangssituation dienende Holzveranda. Er verlieh dem Gebäude zusätzliche Repräsentationswirkung. Die rundbogige Eingangstür und das Oberlicht mit sprossengegliedertem Fenster sind erhalten. Das Haus, mit neun Achsen konzipiert, erhielt an den Giebelseiten zusätzliche Eingänge und auf der Ostseite einen nördlichen und einen südlichen Fachwerkanbau. Der nördliche diente als Büro für den Verwalter, der südliche, deutlich längere Anbau enthielt die neue Küche und die Gärtnerei, vor der der Küchengarten vorgelagert war. Die Grundfläche beträgt etwa 900 Quadratmeter. Trotz der baulichen Veränderungen sind zahlreiche Details aus der Entstehungszeit erhalten: Wandpaneele, Türleibungen und -blätter sowie nicht zuletzt barocke Deckenmalereien.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Herrenhaus Dölitz im Sinne der DDR-Zeit vielfältig genutzt. Es beherbergte eine Gaststätte, einen Kindergarten, einen Konsum sowie mehrere Wohnungen. Da es sich nicht mehr um ein Gut handelte, wurde das Gebäude nicht enteignet, und die Besitzer nach Herrn Scharffenberg blieben mit den Mietern im Haus wohnen. Nach der Wende zogen alle verbliebenen Bewohner bis 2009 aus, und das Haus wurde noch als Jugendclub genutzt. Dann stand das Gebäude leer, verfiel zunehmend, ein offenstehendes Dachfenster und das Wetter ließen ein Loch entstehen, das vom Dachboden bis in den Saal des Erdgeschosses reichte. Der Park verwilderte.
Im Jahr 2013 entdeckten und erwarben Knut Splett-Henning und Christina von Ahlefeldt das heruntergekommene Herrenhaus und begannen mit seiner Rettung. 2016 verkauften die beiden Gutshausretter Dölitz an den Architekten Hans van der Starre, der es zusammen mit seiner Familie sensibel sanierte und seit 2017 bewohnt. Die barocke Raumstruktur wurde inzwischen rekonstruiert, erhaltene originale Details aus der Bauzeit und aus allen anderen Epochen des Hauses werden konserviert. Das Herrenhaus und weitere Wirtschaftsgebäude werden durch kulturelle Veranstaltungen belebt und der Öffentlichkeit erlebbar gemacht. Führungen können auf der Homepage des Hauses gebucht werden.
Südlich an das Herrenhaus schließt sich die barocke Parkanlage an, die im 17. Jahrhundert angelegt wurde und zu den wenigen in Mecklenburg-Vorpommern erhaltenen Anlagen dieser Art zählt. Der Gutspark ist denkmalgeschützt und folgt dem typischen Gestaltungsideal des Barock mit Etagen, axialer Ausrichtung und strukturierender Pflanzenarchitektur. Eine etwa 400 Meter lange Hauptachse gliedert die Fläche. Erhalten sind Lindenalleen und -gruppen, Hainbuchen, Platanen, Rotbuchen sowie historische Heckenstrukturen und Teile einer einst die Gutsanlage umgebenden Feldsteinmauer. Im Park befindet sich ein Gedenkstein an die Pachtzeit der Familie Walter, das Erbbegräbnis des Hugo Walter, der Dölitzer Friedhof und ein kleiner Spielplatz. Die Anlage wurde seit dem 18. Jahrhundert nur geringfügig verändert und vermittelt bis heute einen authentischen Eindruck von der historischen Gartenkultur mecklenburgischer Gutshäuser. Die Parkanlage ist öffentlich zugänglich. Die Zufahrt zum Herrenhaus erfolgt über eine zweiseitige, von Grün flankierte Wegeführung.
Vielen Dank an Hans van der Starre für weitere Informationen zu diesem Text. Die Aufnahmen entstanden bei Besuchen in Dölitz in den Jahren 2024 und 2025.