Gutshaus Udars © Historische Häuser | Alte Häuser

Gutshaus Udars in Mecklenburg-Vorpommern

Im Nordwesten der Insel Rügen liegt das Gutshaus Udars. Das Gutshaus ist umgeben von einem kleinen Waldpark, der um 1800 angelegt wurde. Teilweise ist noch ein Wall mit Außengraben erhalten geblieben.

Udars bzw. Udarzici/Udarsitze stammt aus dem slawischen Sprachraum, war wohl im 13. Jahrhundert ein Burglehn im Besitz derer von Loitz. Die Familie erlosch im Jahr 1276 und der Besitz ging an die Fürsten von Rügen. 1314 wurde der Ort erstmalig urkundlich erwähnt. Mit Ende des 13. Jahrhundert waren die Herren von Pentz Eigentümer. 1408 verkaufte Walter von Pentz das Gut an den Knappen Raven von Barnekow, der es wiederum 1413 mit einer Genehmigung von Wartislaw IV., Herzog von Pommern, an das Kloster Hiddensee veräußerte.

Durch die Reformation ging der Klosterbesitz im Jahr 1536 an die Herzöge von Pommern. Herzog Philipp Julius von Pommern-Wolgast vermachte Udars 1624 seiner Ehefrau Agnes, Prinzessin von Brandenburg, als Witwensitz. Die drei Bauernhöfe Lehsten, Poggenhof und Libnitz wurden als Gutsdorf zusammengefasst und erhielten 1625 zusammen mit Udars den Namen Agnesenhof. Herzogin Agnes lebte allerdings nur vier Jahre länger als ihr Ehemann. Da die Ehe kinderlos blieb, ging der Besitz 1629 an den Neffen von Herzog Philipp Julius, Bogislaw XIV., Herzog von Pommern-Stettin. Der letzte Herzog aus dem Greifengeschlecht der Pommern verschenkte das Gut Udars mit der Insel Hiddensee an seine Schwester Anna, Herzogin von Croÿ. Das Gut wurde vorerst verpachtet. 1647 übertrug die Herzogin das Gut an ihren Sohn Ernst Bogislaw von Croÿ-Vistingen.

Herzog Ernst Bogislaw von Croÿ verkaufte das Gut mit der Insel Hiddensee im März 1657 an den Stralsunder Ratsherrn, Weinhändler und schwedischen Faktor Berend von Wolffradt, sowie dem langjährigen Pächter Udars Nikolaus von Butzke, für 40.000 Reichstaler. Von Wolffradts Anteil betrug 28.000 Taler und der von Butzke 12.000 Taler. Von Butzke verkaufte seinen Anteil 1664 an Joachim von Braun, der mit Marie von Wolffradt verheiratet war. Der endgültige Verkaufsvertrag wurde erst am 3. April 1666 abgeschlossen. 1660 wurde hier auf alten Fragmenten des Vorgängerbaus ein neues Haus erbaut.

1660 starb Berend von Wolffradt und sein Sohn Hermann übernahm die Leitung der Bauarbeiten. Erbe des Guts war jedoch Bernhard von Wolffradt, ein anderer Sohn von Berend von Wolffradt. Als sein Vater verstarb, war er allerdings noch minderjährig und die Leitung des Gutes. Behrend tauschte mit seinem Schwager Joachim von Braun 1679 seinen Pfandbesitz der Domäne Gagern und war dann Alleineigentümer des Guts. 1696 erbte sein Sohn Berendt Christoph von Wolffradt das Anwesen. Er tauschte mit seinem Halbbruder Hermann Alexander von Wolffradt das Gut Udars gegen die Insel Hiddensee. 1723 oder 1726 zerstörte ein Feuer das Gut Udars. Hermann Alexander von Wolffradt ließ die Gebäude wieder aufbauen. Dabei verschuldete er sich so immens, dass er das Gut 1734 seinen Gläubigern als Pfand übergab. 1735 wurde das Gut durch ein Konkursverfahren versteigert.

Vermutlich 1723 wurde von Hermann Alexander von Wolffradt der jetzige zweigeschossige Backsteinbau über den älteren Vorgängerbauten neu aufgebaut. Vom Vorgängerbau stammt der gotische Kreuzgewölbekeller unter der Südseite des Hauses. Der nördliche Teil des Kellers ist vermauert und mit Sand gefüllt. Der neunachsige, zweigeschossige Putzbau präsentiert sich mit Putzfaschen an den Fenstern und Eckrustizierungen. Das Gutshaus ist mit hohem Mansarddach eingedeckt, zur Hof-  und Parkseite sind Zwerchgiebel vorhanden. Im Inneren des Hauses blieben das Treppenhaus mit barocken Brettbalustern, einige Türen und Fenster, sowie im großen Saal zwei offene Kamine, zudem schlichte Stuckleisten und Reste von Textiltapeten erhalten. Ein offener Rauchfang, der aus dem Vorgängerbau stammt, wurde freigelegt. Reste der barocken, zweiflügeligen Eingangstür sowie der Dienstbotenaufgang sind erhalten geblieben.

Ersteigert wurde das Gut von Carl Bogislav von Usedom, der auf Kartzitz wohnte. Er sanierte und modernisierte das Gutshaus und zog 1742 ein. Der Sohn Carl Christoph von Usedom übernahm das Gut bereits während sein Vater noch lebte. 1791 starb er kinderlos und vererbte das Gut an seinen Enkel Carl Christoph Ernst von Usedom. Dies war durch eine Genehmigung des schwedischen Königs möglich. 1838 vererbte Carl Christoph das Gut an Karl Georg Ludwig Guido von Usedom, der 1862 durch Kaiser Wilhelm I. von Preußen in den Grafenstand erhoben wurde. Er verpachtete das Gut erst an Familie Kracht und überließ es 1879 seiner Tochter Hildegard Charlotte von Usedom, die das Gut wenig nutzte, da sie Hofdame von Ludwig II. von Bayern war. Auch sie wurde von Kaiser Wilhelm I. von Preußen in den Grafenstand erhoben. Als Jungfer verstarb sie 1925 in Wien. Über die Jahre musste sie sich bedingt durch ihren hohen Lebensstandard nach und nach von den geerbten Gütern trennen. Auch das Gut Udars ging in Konkurs und wurde 1898 zwangsversteigert. Der Stralsunder Kaufmann und norwegischen Konsul Jacob Carl August Beug erwarb das Gut. Dieser verpachtete das Gut Udars und vererbte es 1906 an seine Kinder Carl August Beug und Emma Beug. Die Geschwister sanierten das Gutshaus erneut und erweiterten das Gutshaus um einen dreiachsigen Frontispiz mit Dreiecksgiebel.

1914 trennten die Geschwister sich von dem Gut und verkauften es an Fritz Kroos. Fritz Kroos errichtete in der Ortseinfahrt Wohnhäuser für seine Arbeiter. 1926 verkaufte Kroos durch Konkurs das 709 Hektar große Gut an Karl Gustav Julius von Schultz, dem das Nachbargut Granskevitz gehörte. Durch das Reichserbhofgesetz aus dem Jahr 1933 wurden  die Ländereien des Guts Udars durch die Deutsche Ansiedlungsbank in Berlin bis in das Jahr 1936 aufgesiedelt. Das Land wurde geteilt und an landlose Bauern abgegeben. Das Gutshaus sowie der kleine Gutspark und ein weiteres Gebäude blieben im Besitz von Karl von Schulz. Karl von Schultz gründete 1910 in Granskevitz die Norddeutsche Saatzucht AG “Nordsaat”. In Udars brachte von Schulz den Leiter der Saatzuchtstation unter. Eine übernommene Gartenparzelle nutzte er als Anzuchtgarten für seinen Saatzuchtbetrieb.

Während des Kriegs wurde das Gutshaus als Lazarett der Roten Armee genutzt und 300 Soldaten lagerten auf dem Gut. 1945 ereignete sich auch das Gut Udars, das Schicksal fast aller Güter in Mecklenburg-Vorpommern, die Besitzer wurden durch die Bodenreform enteignet. 1945 wurde Karl von Schultz durch die Sowjetische Militäradministration in Deutschland verschleppt und am 6. Februar 1946 nach einem Gerichtsurteil des russischen Militärtribunals hingerichtet. Seine Ehefrau konnte mit den vier Töchtern fliehen und zog nach Schleswig-Holstein. Dort gelang es den Damen, die Firma “Nordsaat” wieder aufzubauen.

Nach der Enteignung zogen 60 Flüchtlinge in das Gutshaus ein. Ab 1950 war es Teil der „Vereinigung volkseigener Güter, Schwerin“ und wurde als Lehrlingswohnheim genutzt. Später erfolgte bis 1994 die Unterbringung der Mitarbeiter der Tierproduktion Granskevitz. Innerhalb der DDR-Zeit wurde das Gutshaus unter Denkmalschutz gestellt. Der letzte Mieter zog 1997 aus. Der Bankier Matthias Henning Döring Graf von Krockow erwarb das Gutshaus und den kleinen Park. Eine geplante Sanierung des Hauses stockte kurz nach Beginn. 1997 verkaufte er das Haus wieder. Es gab zahlreiche Pläne für die Nutzung des Hauses, die alle durch die Behörden scheiterten, da diese weder einen Umbau, noch einen Neubau oder andere Nutzungspläne genehmigten. 2004 wurde das Gutshaus an eine Familie aus Kempten verkauft. 2012 erwarb der norwegische Architekt Lars Jacob Hvinden-Haug das Gutshaus und sanierte es.

Um das Gutshaus Udars ranken sich verschiedene Sagen. In der einen Sage heißt es, dass im Gutshaus der Geist der letzten Gräfin von Usedom wandelt. Verstorben ist die Gräfin allerdings nicht in Udars, sondern in Wien. Außerdem soll es einen unterirdischen Gang zwischen Udars und dem Gutshaus Streu geben, bisher wurde dieser nicht gefunden. Genauso wenig wie ein über 400 Jahre alter Puck, eine zwergwüchsige Figur unbestimmten Geschlechts der nordischen Volkssagen, der über Holstein aus Skandinavien eingewandert ist, soll ebenfalls Udars als Heimat haben.

Insgesamt gibt es in den Medien/Archiven unterschiedliche Varianten zu der Geschichte des Gut Udars. Ich würde mich über weitere Informationen dazu freuen.

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