Herrenhaus Oberzetzscha @ Historische Häuser

Herrenhaus Oberzetzscha in Thüringen

Zwischen den Feldern und kleinen Höhenzügen am Stadtrand von Altenburg steht das Herrenhaus Oberzetzscha, ein Renaissancebau von 1567. Im Jahr 2012 konnten die Restaurierungsarbeiten abgeschlossen werden, die Wandmalereien der Bohlenstube und die Kapelle sind seitdem wieder sichtbar. Das Herrenhaus ist heute Sitz des Ortsteilbürgermeisters, während die Nebengebäude 2001 abgerissen wurden.

Die Anfänge Oberzetzschas reichen bis in die Jahre zwischen 1206 und 1227 zurück, als Angehörige der Familie von Sessov, auch Zetzscha genannt, in markgräflich-meißnischen Urkunden erscheinen. 1244 bestätigte der Landrichter im Pleißenland, Günther von Crimmitschau, dem Altenburger Bergerkloster Besitzungen in Scescowe. 1297 trat Tuto von Zetschau als Lehnsmann der Altenburger Burggrafen in den Quellen auf. 1389 verkaufte Dietrich von Knau zu Penig Zinsen in Zetzscha an das Bergerkloster.

Seit 1503 war das Rittergut Oberzetzscha im Besitz der Familie von Stange. Bei der Teilung der stangeschen Güter 1515 fiel unter anderem ein Gasthof in Gerstenberg als Lehen an Oberzetzscha. Kaspar/Casper von Stange ließ 1567 das bis heute erhaltene Herrenhaus errichten.

Das Herrenhaus Oberzetzscha wurde 1567 unter Casper Stange erbaut. Es entstand als zweigeschossiger Renaissancebau mit klarer Gliederung und regelmäßiger Anordnung der Fensterachsen. Der Baukörper war rechteckig angelegt und aus massivem Mauerwerk errichtet. Die Geschosse waren deutlich voneinander getrennt, die Fensteröffnungen symmetrisch angeordnet. Im Inneren befanden sich Wohn- und Repräsentationsräume im Obergeschoss, während die unteren Räume wirtschaftlichen Zwecken dienten. Besonderes Augenmerk galt der Bohlenstube im Obergeschoss. Ihre Wände bestehen aus senkrecht stehenden Holzbrettern, deren Oberflächen bereits zur Bauzeit bemalt wurden. Diese Ausstattung ist für den Altenburger Raum charakteristisch. Die Malereien zeigen Szenen mit figürlichen und ornamentalen Darstellungen und belegen die gehobene Wohnkultur des 16. Jahrhunderts. Zur ursprünglichen Ausstattung gehörte außerdem eine Hauskapelle, die in einem kreuzgratgewölbten Raum eingerichtet war. Ihre Decken und Wände waren vollständig farbig gefasst. Das Gewölbe gliederte den Raum in vier gleichmäßige Felder und trug Malereien, die während späterer Umbauten überarbeitet, aber nicht zerstört wurden.

Das Herrenhaus stand im Zentrum einer geschlossenen Gutsanlage. Um den Hof lagen Mühle, Brauhaus, Badestube, Schenke und weitere Wirtschaftsgebäude. Das Gebäude diente als Sitz des Ritterguts und vereinte Wohn-, Verwaltungs- und Kultfunktionen innerhalb einer kompakten Anlage.

Im Jahr 1580 lebte hier der Hofmeister Blasius Kurtz mit seiner Familie. Hans Albrecht von Bose erhielt 1614 das 71 Hektar große Rittergut als Lehen, 1619 folgte Joachim von Werder (Werther) zu Romschütz als neuer Besitzer. Mit dem Gut war die Pflicht verbunden, dem Landesherrn ein halbes reisiges Ritterpferd zu stellen, die zweite Hälfte oblag dem Rittergut Poschwitz. Hinzu kamen das Privileg zur Koppeljagd sowie die wilde Fischerei mit Krebsfang im Poschwitzer und Oberzetzschaer Bach bis zum Unterzetzschaer Teichdamm. Neben Mühle, Brauhaus und Schenke gehörten auch eine Badestube und weitere Wirtschaftsgebäude zum Rittergut.

1674 wurde Joachim Friedrich von Werder nach dem Tod seines Vaters von Herzog Ernst dem Frommen mit dem Gut belehnt. 1690 erwarb Werner von Dießkau, Fürstlich-Sächsischer Stallmeister zu Zeitz, das Rittergut und erhielt 1691 für 100 Taler auch die Kanzleischriftsässigkeit. 1696 kaufte Sophie Susanne von Seckendorff, geborene von Ende (1653–1710), das Anwesen. Nach ihrem Tod ging es an ihre Schwester Juliane Elisabeth von Ende, verwitwete von Minkwitz. 1737 folgte der Fürstlich-Sächsischer Oberhofmeister Friedrich Heinrich von Einsiedel (1687-1739) auf Lumpzig, Seine Söhne Friedrich Heinrich (1721-1793) und August Hildebrand (1722-1796) traten 1740 das Erbe an. 1751 wurde Friedrich Ernst Höckner, Handelsmann in Stollberg, neuer Besitzer. Die Mühle war schon 1748 an Christian Böhme verkauft worden.

Zum Rittergut gehörten im 16. und 17. Jahrhundert Mühle, Brauhaus, Badestube, Schenke und Stallungen. Ab 1824 existierte eine Ziegelei, die 1865 eine Trockenscheune erhielt und bis 1911 in Betrieb war. 1913 kam ein Wirtschafts- und Stallgebäude im Jugendstilfachwerk hinzu. Das Rittergut verfügte über Koppeljagd, Fischerei und Krebsfangrechte in den umliegenden Bächen. 2001 wurden sämtliche Nebengebäude abgerissen, einzig das Herrenhaus blieb erhalten.

Carl Gottlob Höckner, Fürstlich-Reußisch-Lobensteinischer Forstsekretär, verkaufte 1799 38 Hektar an umliegende Bauern, um Erbanteile seiner Geschwister auszuzahlen. Laut Vermessungsregister von 1800 blieb eine Fläche von 28 Hektar bei einer Gesamtflurgröße von 75 Hektar. 1806 kaufte Johann Michael Gäßner, Lehns- und Gerichtsherr auf Auligk, das Rittergut. Ab 1805 ließ er die alten Gebäude weitgehend abreißen und auf dem Spitzgarten neue Bauten errichten: ein Stall im Süden und ein Torhaus mit weiteren Ställen an der hinteren Ausfahrt. Nur das Pächterwohnhaus blieb bestehen, wurde jedoch zum Kuhstall umgebaut. Um 1824 entstand zusätzlich eine Ziegelei.

1815 übernahm Christiane Dorothee Sophie, verwitwete Purruckherr, das Rittergut und heiratete 1817 den Leutnant Carl Ludwig Rothe (1785–1869). Ihr Sohn Carl Gumal Rothe (1817–1880) erhielt das Gut 1840. Der Vater behielt lebenslanges Wohnrecht und ließ sich nach dem Verkauf durch seinen Sohn ein Auszüglerhaus südlich der Scheune errichten. Carl Gumal Rothe, der auch das Rittergut Löhmigen besaß, verkaufte Oberzetzscha 1850 an Georg Meister aus Schlöpitz. Das Wohnhaus des Vaters und der Familienbegräbnisplatz blieben davon ausgenommen.

1858 ging das Gut an Michael Burkhardt, der 1865 die Ziegelei um eine Trockenscheune erweiterte. 1888 kaufte Martin Back, Hauptmann a. D., das Anwesen. 1901 erhielt das Herrenhaus einen Anbau. 1910 wird Robert Götze als Pächter genannt, das Rittergut umfasste nun 63 Hektar. Mit dem Abbruch der Ziegelei 1911 endete deren Betrieb. 1912 erwarb Major Walter Back aus Sorau das Gut und ließ 1913 ein Wirtschafts- und Stallgebäude mit Jugendstilfachwerk errichten. Oberzetzscha ging 1927 in den Besitz der Familie Ritter. 1938 übernahm Erich Ritter (1905–1946) das Rittergut mit 57 Hektar. Er war mit Lieselotte Ritter, geborene Meyner, verheiratet..

Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg war in Oberzetzscha von Flucht, Vertreibung und tiefgreifenden Umbrüchen geprägt. 1946 wurde der damalige Rittergutsbesitzer Erich Ritter (1905–1946) von sowjetischen Offizieren verhaftet, nach Weimar überstellt, verurteilt und erschossen. Da das Rittergut nicht enteignet wurde, führte seine Ehefrau Lieselotte Ritter, geborene Meyner, den Betrieb bis 1958 mit Unterstützung des Inspektors Edwin Günther weiter, bevor sie in die Bundesrepublik übersiedelte. Danach übernahm die LPG „IV. Parteitag“ Zschernitzsch die Bewirtschaftung. In den Jahren nach 1945 prägten Mangel und Versorgungsschwierigkeiten den Alltag im Dorf. Zugleich blieb das Herrenhaus als bauliches Zentrum erhalten, während das gesellschaftliche Leben mit Gesang-, Turn- und Fußballverein, Karnevalsklub, Feuerwehr und Kegelbahn schrittweise durch die Zwangskollektivierung an Bedeutung verlor.

2000/01 übernahm die Stadt Altenburg das Herrenhaus. Das Herrenhaus wurde im Laufe der Jahrhunderte mehrfach verändert. 1901 entstand ein Anbau, der die ursprüngliche Struktur erweiterte, ohne den Renaissancecharakter zu überformen. 1913 ließ Major Walter Back außerhalb des Hofes ein großes Wirtschafts- und Stallgebäude im Jugendstilfachwerk errichten, das die bauliche Entwicklung in das 20. Jahrhundert hinein dokumentiert. Trotz dieser Eingriffe blieb der Renaissancebau als prägender Kern erhalten. Mit der 2012 abgeschlossenen Restaurierung wurde die historische Substanz gesichert und die kunstvolle Innenausstattung wieder sichtbar gemacht. Heute dient es unter anderem als Sitz des Ortsteilbürgermeisters und steht als Kulturdenkmal im Mittelpunkt der Erinnerung an das alte Rittergut. Die Bohlenstube mit ihren freigelegten Malereien und die wiederhergestellte Hauskapelle sind kulturhistorisch bedeutend und bewahren ein Stück Renaissancearchitektur im Altenburger Land.

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