Herrenhaus | Schloss Ralswiek © Historische Häuser | Alte Häuser

Herrenhaus | Schloss Ralswiek in Mecklenburg-Vorpommern

Hochherrschaftlich thront auf einem Hügel das im Stil der französischen Renaissance-Schlösser erbaute Herrenhaus (Schloss) Ralswiek auf der Insel Rügen. Eingebettet ist es in die Wälder Rügens und des Großen Jasmunder Boddens, einer Lagune der Ostsee. Vom Herrenhaus aus genießt man einen besonderen Panoramablick auf die Boddenlandschaft und auf die Naturbühne der Störtebeker-Festspiele.

1311 wurde Ralswiek als „Ralswiik“ urkundlich erwähnt. Die Herkunft und Bedeutung des Ortsnamens ist ungewiss. Schon im 8. Jahrhundert war der Ort von den Ranen, einem westslawischen Volk besiedelt, die hier einen bis ins Mittelalter bedeutenden Seehafen bauten. Die Handelsbeziehungen reichten von Schweden und Norwegen bis zur Küstenregion des Schwarzen Meeres. In drei Kilometern Entfernung befinden sich am Steilufer Überreste einer bronzezeitlichen Verteidigungsanlage. Bei Grabungen zwischen 1967 und 1980 wurden vier bis 14 Meter lange Boote aus der Zeit der Wikinger gefunden. Ein Hügelgräberfeld aus der slawischen Zeit von 8. bis 12. Jahrhundert mit 400 Hügeln befindet sich ebenfalls in Ralswiek.

Die Dänen eroberten Rügen und die Christianisierung erfolgte im Jahr 1168. Ralswiek ging in den Besitz des schwedischen Bistums Lund. Die kirchlichen Vögte wurden 1480 von den weltlichen Vögten abgelöst. Erster Vogt von Ralswiek war der aus einem pommersch-rügisches Adelsgeschlecht stammende Henning von Normann. Die rügischen Barnekows waren slawischer Herkunft, ab 1500 Vogt auf Ralswiek und wurden 1536 nach der Reformation mit dem Land belehnt. Ende des 16. Jahrhundert bauten sie dort das erste Gutshaus. 1637 wurde dieses Land von der schwedischen Krone wieder übernommen, weil Schweden die Herrschaft über Rügen übernommen hatte. Der Feldmarschall Graf Carl Gustav Wrangel bekam 1656 den Besitz von Karl X. Gustav, König von Schweden. 1676 erhielt General Otto Wilhelm Graf Königsmarck das Land. 1665 erfolgte ein Erweiterungsbau für den Grafen Königsmarck. 1679 fiel der Besitz nach vielen Verhandlungen zurück in die Familie von Barnekow. 1810 ließ Rutger von Barnekow das Gut Ralswiek allodifizieren.

Im Jahr 1891 ging das verschuldete Gut in den Besitz des Fabrikanten Major Graf Hugo Sholto von Douglas (1837 – 1912). Graf von Douglas stammt aus einem schottischen Clan und wurde 1884 von Kaiser Wilhelm I. in den Freiherrenstand und 1888 von Kaiser Wilhelm II. in den Grafenstand erhoben. Mit dem Kauf des Gutes in Ralswiek wurde das Fideikommissgut der Grafentitel erblich. Graf Hugo kam durch ein Kali- und Steinsalz-Bergwerk „Douglashall“, das einer der größten weltweit war, zu viel Geld. Nach Graf Douglas wurde das sehr seltene Mineral Douglasit genannt, dass bei ihm erstmals entdeckt wurde. Später wurde er Stammkapitalgeber der 1897 gegründeten Firma „Tropon“, die schon zu dieser Zeit Nahrungsergänzungsmittel herstellte. Im Fall der Firma Tropon waren das eiweißhaltige Produkte, die aus Fleischresten erzeugt wurden.

Der Berliner Architekt Gustav Stroh (1846-1904), der ursprünglich aus Baden-Baden stammte, wurde 1894 mit dem Neubau des Herrenhauses beauftragt. Von 1894 bis 1896 wurde das Herrenhaus im Stil der Neorenaissance und nach Vorbildern der französischen Renaissance-Schlösser an der Loire errichtet. Das rechteckige Herrenhaus wird von zwei Türmen mit Kegeldächern flankiert. Zur Hofseite präsentiert sich über dem Eingangsportal das Wappen der Familie von Douglas. Im Inneren glänzt der Eingangsbereich mit Marmor und von außen mit einem weiteren Turm, mit welscher Haube bekrönt, der die beiden äußeren Türme überragt. Die Parkseite zeigt sich an der Mittelachse mit einem Neorenaissance-Giebel sowie dem Altan. Im Hauptbau befindet sich ein überdachter Innenhof. Im rechten Winkel zum Herrenhaus entstand der Marstall mit Staffelgiebel. Der Park, der in Teilen bereits 1810 angelegt wurde, wurde vom Grafen 1894 erweitert und einige dendrologische Besonderheiten wurden gepflanzt. Erworben hat er diese Solitärbäume auf einer Ausstellung in Schweden, genau wie die 1907 aufgestellte Holzkapelle im Ortseingang. Ein Torhaus markiert den Eingang des Parks.

Von 1912 – 1914 nahm der belgische Innenarchitekt und Designer Henry Clement van der Velde (1863-1957) diverse Änderungen im Herrenhaus vor, unter anderem wurde das imposante Treppenhaus nach seinen Entwürfen im Jugendstil verändert. Außerdem stammen die Wandvertäfelungen, einige Buntglasfenster, Türgriffe und die Eingangshalle mit dem großen Kamin aus seiner Feder. Im Obergeschoss gibt es eingebaute Buffets und Wandleuchten von ihm. Graf Angus Karl Konstantin von Douglas (1870-1938) und seine Ehefrau Margarethe Anne Agnes, geborene von Enckevort-Vogelsang, ließen die Pläne von Henry van Velde nach dem Tod von Graf Hugo umsetzen. 1913/1914 erfolgte der Anbau des Verbindungstraktes zwischen Herrenhaus und Marstall. Dieser Verbindungstrakt wurde unter Leitung des Stralsunder Baumeisters Franz Juhrè umgesetzt, der Entwurf stammt von Henry van de Velde.

Im Laufe der Jahre erweiterte sich der Besitz und so gehörten ab 1938 das Rittergut Gneis und Teile des Guts in Jarnitz zu Ralswiek. Weitere Güter wie Teschvitz, Wall, Buschvitz, Pulitz und Stedar kamen hinzu und der Besitz des Grafen nahm eine Größe von 2926 Hektar an. Damit war er der drittgrößte Grundbesitzer auf der Insel Rügen. 1939 wurde der Besitz in Ralswiek mit Entschädigung enteignet und von der Marine genutzt. Der Bodden wurde als Kriegshafen genutzt und das Herrenhaus als Kasino der Marine. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es als NS-Reichsbesitz erneut enteignet und im Schloss zogen Flüchtlinge ein. Ab 1946 wurde hier ein staatliches Altenheim untergebracht. Von 1990 bis 1996 wurde das Herrenhaus als Behinderten- und Pflegeheim vom Deutschen Roten Kreuz genutzt. Dadurch war das Schloss in einem einigermaßen gut erhaltenem Zustand. 1990 wurde es nach diversen Diskussionen verkauft und stand zunächst leer. 1999 bis 2002 wurde das Herrenhaus Ralswiek vom neuen Eigentümer, Kurimmobilien Raulff OHG , Gerd Raulff, zum Schlosshotel mit 63 Zimmern und zwei Suiten sowie einem Spa-Bereich umgebaut. Das Schlossrestaurant wurde unlängst ausgezeichnet mit dem Zertifikat „Regionale Esskultur“.

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