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Herrenhaus | Schloss Vollrathsruhe @ Historische Häuser

Herrenhaus | Schloss Vollrathsruhe in Mecklenburg-Vorpommern

Leicht erhöht steht das Herrenhaus Vollrathsruhe oberhalb des heutigen Dorfes Vollrathsruhe am Rand eines etwa zwei Hektar großen Parks. Zur Straßenseite hin ist das Gelände von einer Feldsteinmauer eingefasst. Das Anwesen liegt an der alten Landstraße zwischen Malchow und Malchin. Einige Wirtschaftsgebäude befinden sich noch heute in unmittelbarer Nähe des Herrenhauses und verweisen auf die landwirtschaftliche Prägung des Gutes.

Der Raum um Kirch Grubenhagen, Hallalit und Vollrathsruhe gehörte seit der Zeit vor dem Jahr 1200 zu einem geschlossenen Herrschaftsgebiet. Nach der deutschen Ostexpansion traten zwischen den Jahren 1200 und 1399 zunächst die Herren von Grube als Vasallen der Fürsten von Werle in Erscheinung. Ihnen werden Burg, Dorf und Kirche von Kirch Grubenhagen zugeschrieben. Mit dem Aussterben dieses Geschlechts gelangte der Besitz im Jahr 1364 an die Familie von Maltzahn. In diesem Zusammenhang ist Ritter Ulrich von Maltzahn als Besitzer der Burg Grubenhagen urkundlich belegt.

Die Familie von Maltzahn ist seit dem Jahr 1100 in Mecklenburg nachweisbar und gehört zum mecklenburgischen Uradel. Über mehrere Jahrhunderte bildeten die Güter südlich des Malchiner Sees einen weitgehend geschlossenen Besitzkomplex. Zu diesem gehörten unter anderem Kirch Grubenhagen, Steinhagen, Hallalit, Rothenmoor, Dahmen, Ulrichshusen sowie weitere Besitzungen. Vollrathsruhe entstand innerhalb dieses Besitzraumes vergleichsweise spät als eigenständiges Gut.

Eine eigenständige Entwicklung nahm Vollrathsruhe erst in den Jahren um 1750. Vollrath Levin II. von Maltzahn (1716–1775), Erblandmarschall auf Grubenhagen, übernahm am 5. März 1757 die Lehngüter Rothenmoor und Ulrichshusen, erhielt am 8. März 1757 den Muttschein und wurde am 22. September 1757 offiziell als Lehnsbesitzer zugelassen. Im Jahr 1759 nahm er die Pfarrländereien von Kirch Grubenhagen in Erbpacht. Für diese entrichtete er jährlich 163 Taler 25 Schilling 2 Pfennig in bar sowie zusätzliche Naturalabgaben. Aus diesen Ländereien entwickelte sich das neue Gut Vollrathsruhe, das bereits zu seinen Lebzeiten diesen Namen erhielt.

Vollrath Levin II. von Maltzan war dreimal verheiratet. Im April 1743 ehelichte er seine Cousine Christine Oelgard von Blücher. Nach deren Tod schloss er im Jahr 1751 die Ehe mit Auguste Dorothe von Kamptz (1727–1760). In dritter Ehe war er ab 1764 mit Ilsabe Eleonore von Stralendorff (1738–1787) vom Gut Gamehl verheiratet. Er galt als unternehmerisch denkender Gutsbesitzer, der sich besonders der Pferdezucht widmete und versuchte, durch verbesserte Bewirtschaftung seine wirtschaftliche Lage zu stabilisieren.

Mit der Neuanlage von Vollrathsruhe entstand ein neuer Gutsstandort außerhalb des bisherigen Dorfverbandes. In dieser frühen Phase wurde ein erstes Gutshaus einfacher Form errichtet, zu dessen baulicher Ausgestaltung keine näheren Details überliefert sind. Die wirtschaftlichen Voraussetzungen für das Gut waren jedoch schwierig. Vollrath Levin II. hatte aus dem väterlichen Erbe erhebliche Schulden übernommen, darunter 51.017 Taler 2 Schilling 23 Pfennig sowie weitere 2.569 Taler in Gold. Hinzu kamen Verpflichtungen aus dem Nachlass eines Bruders in Höhe von 6.000 Talern sowie Auszahlungen an seine Schwestern von insgesamt 18.000 Talern. Weitere Belastungen ergaben sich aus dem Erlenkamp’schen Fideikommiss in Ulrichshusen mit rund 30.000 Talern einschließlich Zinsen.

Im Jahr 1772 geriet er in erhebliche Geldverlegenheiten. Mehrere Gläubiger beantragten die Exekution (mit Exekution ist hier die rechtliche Zwangsvollstreckung von Schulden gemeint, bei der Gläubiger die zwangsweise Sicherung oder Verwertung von Besitz verlangten). Als Gründe wurden neben der Schuldenlast auch der bauliche Verfall einzelner Güter genannt. In diesem Zusammenhang wird ausdrücklich erwähnt, dass auch Vollrathsruhe zu diesem Zeitpunkt noch unangelegt gewesen sei. Zusätzlich belasteten hohe Kriegskosten den Besitz. Durch Steuern und Kontributionen hatte sich eine Kriegsschuld von über 40.000 Talern angesammelt. Hinzu kamen Feuerschäden sowie eine große Viehseuche in den Jahren 1766 und 1767.

Zur Abwendung des wirtschaftlichen Zusammenbruchs wurde für Vollrath Levin II. ein landesherrlicher Indult gewährt (ein Indult bezeichnet die vom Landesherrn gewährte zeitweilige Aussetzung rechtlicher Zwangsmaßnahmen, um einem verschuldeten Gutsbesitzer die Fortführung der Wirtschaft zu ermöglichen), zunächst befristet, später auf unbestimmte Zeit. Die Gesamtschulden beliefen sich auf 165.421 Taler 2 Schilling 23 Pfennig sowie weitere 57.332 Taler 46 Schilling in Gold. Die Güter wurden verpachtet. Auch Vollrathsruhe war in dieses System einbezogen und trug gemeinsam mit Grubenhagen und Rothenmoor zur Bedienung der Zinslast bei.

Vollrath Levin II. starb am 29. Dezember 1775 in Grubenhagen und wurde am 6. Januar 1776 im Maltzanschen Erbbegräbnis beigesetzt. Sein Sohn Lüdeke Adolf von Maltzahn (1750–1783) erbte die Besitztümer, konnte die wirtschaftliche Lage jedoch nicht dauerhaft stabilisieren. Die Linie Grubenhagen erlosch im Mannesstamm mit dem Tod seines Sohns Cord Jaspar Ferdinand von Maltzan (1781–1815).

Zwischen 1785 und 1815 wurden Herrenhaus und Wirtschaftsgebäude weiter ausgebaut. Eine Wetterfahne mit der Jahreszahl 1756 verweist auf frühe bauliche Aktivitäten. Im Jahr 1800 ersetzte ein klassizistischer Neubau mit dreizehn Achsen das ältere Gutshaus.

Nach dem Tod von Cord Jaspar Ferdinand von Maltzan am 1. Dezember 1815, der infolge eines Duells mit seinem Schwager ums Leben kam, erlosch die Linie Grubenhagen der Familie von Maltzan im Mannesstamm. Cord Jaspar Ferdinand hatte in seinem Testament bestimmt, dass seine Gemahlin Amalie Caroline von Dannenberg Vollrathsruhe als Witwensitz sowie die Einkünfte des Gutes erhalten solle. Dennoch führte das Erlöschen der Linie zu erheblichen Unsicherheiten hinsichtlich der Erbfolge. Innerhalb der weit verzweigten Familie von Maltzan erhoben mehrere Linien Ansprüche auf die Besitzungen der Grubenhagener Linie. Da diese Ansprüche nicht eindeutig geklärt werden konnten, wurde der Besitz unter Zwangsverwaltung gestellt. Eine unmittelbare Übertragung an einen einzelnen Erben war nicht möglich.

Zur endgültigen Klärung der Eigentumsverhältnisse wurde schließlich ein Losentscheid herangezogen, ein in solchen Fällen angewandtes Verfahren, um konkurrierende Erbansprüche innerhalb eines Adelsgeschlechts verbindlich zu entscheiden. Auf diesem Weg fiel Vollrathsruhe im Jahr 1822 an Erblandmarschall Ferdinand Baron von Maltzan aus der Penzliner Linie der Familie von Maltzan. Ferdinand Baron von Maltzan (1778–1849) gehörte damit einer anderen Linie desselben Geschlechts an und erhielt den Besitz nicht durch direkte Erbfolge, sondern durch dieses formale Entscheidungsverfahren.

Ferdinand Baron von Maltzan behielt Vollrathsruhe jedoch nur für wenige Jahre. Bereits im Jahr 1828 veräußerte er das Gut an Ludwig Heise. Ludwig Heise stieg jedoch durch wirtschaftlichen Erfolg und den Erwerb größerer Besitzungen gesellschaftlich auf. Am 22. Dezember 1845 wurde er von Großherzog Friedrich Franz von Mecklenburg in den Adelsstand erhoben. Mit der Nobilitierung erhielt er zugleich das Recht zur Führung des Namens und des Wappens von Rotenburg. Vollrathsruhe verblieb bis zum Jahr 1851 in seinem Besitz. Danach zogen die Familie von Heise Rotenburg auf das Gut Poppendorf. 

Im Jahr 1851 gelangte Vollrathsruhe durch Rückkauf erneut an die Familie von Maltzan. Käufer war Carl von Maltzan (1797–1868), der damit einen alten Familienbesitz zurückerwarb. Der Rückkauf wurde durch den zuvor erfolgten Verkauf der Begüterung Remplin an Herzog Georg von Mecklenburg-Strelitz ermöglicht, dessen Erlös die Finanzierung des Erwerbs in Höhe von 280.000 Talern erlaubte. Mit diesem Rückerwerb wurde Vollrathsruhe erneut in den Besitz der Familie von Maltzan überführt und wieder in den Zusammenhang der südlich des Malchiner Sees gelegenen Maltzanschen Güter eingegliedert.

Carl von Maltzan war Landschaftsdirektor und später Landesgestütsdirektor in Redefin. Er erwarb sich große Verdienste um die mecklenburgische Pferdezucht und betrieb ein bekanntes Gestüt in Sommersdorf. Nach dem Verkauf der Begüterung Remplin erwarb er Vollrathsruhe für 280.000 Taler zurück und zog mit seiner Ehefrau auf das Gut. Er ließ die Wirtschaftsgebäude massiv aus Granit erneuern, die Wege zwischen den Dörfern pflastern und in Hallalit eine Spiritusbrennerei errichten. Die gesprungenen Glocken der Kirche von Kirch Grubenhagen ließ er umgießen. Der Friedhof wurde erweitert und mit einer Steinmauer eingefasst. Die halbverfallene Kirche wurde unter seiner Mitwirkung restauriert.

Nach seinem Tod im Jahr 1868 erbte sein jüngster Sohn Rudolf Elias Felix Freiherr von Maltzan (1834–1885) den Besitz. Gemeinsam mit seinem Vetter Vollrath von Maltzan auf Dahmen und Rothenmoor entwickelte er die Idee zur Errichtung einer Zuckerfabrik in Dahmen. Während des Feldzuges der Jahre 1870 und 1871 lernten sie Oberst Hubert Gustav von Tiele Winckler kennen, der sich an dem Projekt beteiligte.

Zur Versorgung der Zuckerfabrik wurde eine Feldbahn von Vollrathsruhe nach Dahmen angelegt. Die wirtschaftlichen Grundlagen des Unternehmens erwiesen sich jedoch als unzureichend. Die Baukosten überschritten die Planungen erheblich, und es fehlte an finanzieller Deckung. Hubert Gustav von Tiele Winckler musste für seine Partner einstehen und verlangte schließlich als Sicherheit die Überlassung ihrer Güter. Auf diesem Weg gelangte Vollrathsruhe ab dem Jahr 1877 in seinen Besitz.

Die Familie von Tiele Winckler erhob Vollrathsruhe gemeinsam mit Hallalit zum Fideikommiss. Herrschaftssitz war das barocke Herrenhaus, das im Jahr 1917 vollständig abbrannte. Kurz darauf starb Günther von Tiele Winckler. Sein Sohn Hans Werner Graf von Tiele Winckler übernahm den Besitz und ließ das Herrenhaus in der bisherigen Größe und im Stil des Vorgängerbaus in den Jahren nach 1917 wieder errichten. Die Innenräume wurden dabei den zeitgemäßen Bedürfnissen angepasst.

Das heutige Herrenhaus Vollrathsruhe ist ein neobarocker, zweigeschossiger Putzbau mit streng symmetrischer Fassadengliederung und klar hervorgehobener Mittelachse. Der langgestreckte Hauptbau umfasst dreizehn Fensterachsen und wird von einem hohen Mansarddach abgeschlossen, das dem Bau eine ausgeprägte horizontale Wirkung verleiht.

Die dem Dorf zugewandte Nordostfassade ist als repräsentative Schauseite ausgebildet. Im Zentrum tritt ein dreiachsiger Mittelrisalit leicht hervor. Dieser wird im Obergeschoss durch größere, reich gerahmte und dekorativ betonte Fensteröffnungen hervorgehoben, deren profilierte Putzrahmen und gesteigerte Gestaltung sie deutlich von den übrigen Fassadenfenstern unterscheiden. Über diesen Fenstern erhebt sich ein geschweifter Giebel mit plastischem Putzdekor und drei rundbogigen Okulusfenstern, der die Mittelachse zusätzlich akzentuiert.

Das Mansarddach ist auf jeder Dachseite mit acht gleichmäßig angeordneten, bogig geschlossenen Mansardgauben versehen und wird durch weitere kleinere Gauben ergänzt. Auch die Giebelseiten sind mit Mansardenfenstern ausgestattet, wodurch das Dachgeschoss als vollwertige Nutzungsebene erscheint. Mehrere Schornsteine gliedern die Dachlandschaft.

Die Fassaden zeigen eine durchgehende Putzquaderung sowie Eckrustizierungen. Zwei horizontale Gesimse trennen die Geschosse klar voneinander. Die Fenster sind regelmäßig angeordnet und gerade überdeckt, was der Fassade eine ruhige und klassisch geordnete Wirkung verleiht.

Die Zufahrt erfolgt auf der Dorfseite über einen Altan mit Unterfahrt, der dem Mittelrisalit vorgelagert ist. An der südöstlichen Seite schließt ein zweigeschossiger Verbinder an, der zu einem pavillonartigen Seitenbau überleitet. Diese Erweiterung lockert die strenge Hauptfassade auf und erinnert in ihrer Disposition an barocke Schlossanlagen mit seitlichen Flügelbauten.

Auch die Parkseite ist repräsentativ gestaltet. Hier tritt ebenfalls ein dreiachsiger Mittelrisalit hervor, vor dem sich ein über fünf Achsen reichender Altan mit vorgelagerter Terrasse, Brüstung und Freitreppe zum Park öffnet. Die Eingangshalle ist mit einem Dielenfußboden und einer hölzernen Kassettendecke ausgestattet. Eine einarmige Treppe mit Dockengeländer führt zu einer Galerie im Obergeschoss. Die Gestaltung der Halle und des Dachaufbaus wird dem Architekten Paul Korff zugeschrieben.

Der Park wurde nachweislich vor dem Jahr 1900 als englischer Landschaftspark angelegt. Mehrere Abschnitte einer Lindenallee prägten die Anlage. Zwischen Herrenhaus und Teich lagen offene Wiesenflächen mit Taxusbüschen, Tulpenbaum, Blutbuche, Rosskastanien und Stieleichen. Südlich des Hauses befindet sich ein oktogonales Mausoleum, das nachweislich vor dem Jahr 1900 errichtet wurde und ein Schmuckportal mit zwei Wappen aufweist. Die Grabkapelle wurde im Jahr 1945 zerstört, später wieder aufgebaut und im Jahr 2008 restauriert.

Nach dem Jahr 1945 wurde der Besitz enteignet. Die Familie wurde vertrieben und floh nach Holstein. Das Gut wurde im September 1945 aufgesiedelt. In der Zeit der DDR wurde Vollrathsruhe als Jugendwerkhof genutzt. Im Herrenhaus befanden sich zeitweise Wohnungen, Verwaltungsräume, ein Kino und ein Kinderheim. Nach dem Jahr 1990 wurde das Anwesen mehrfach veräußert. Das Herrenhaus befindet sich heute in Privatbesitz, Teile des Gebäudes wurden vor einigen Jahren saniert.

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