Mitten im UNESCO-Weltkulturerbe des Dessau-Wörlitzer Gartenreichs steht das Luisium, das klassizistische Schloss der Fürstin Louise von Anhalt-Dessau. Umgeben ist das Schloss von einem 14 Hektar großen englischen Landschaftspark, in dem sich weitere neogotische und klassizistische Gebäude befinden.
1767 heiratete Fürst Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau (1740–1817) seine Cousine Louise Henriette Wilhelmine von Brandenburg-Schwedt (1750–1811). Nur wenige Jahre später ließ er von 1774 bis 1778 das klassizistische Landhaus Luisium ihr zu Ehren erbauen. Das Schloss war ein Geschenk des Fürsten an seine Frau und sollte als privater Rückzugsort für die Fürstin und später als Witwensitz dienen. Anlässlich des Geburtstags der Fürstin im Jahr 1780 wurde das Schloss und der Park nach der Fürstin benannt. Das Schloss Luisium wurde nach den Plänen des renommierten Architekten Freiherrn Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff (1736–1800) gestaltet, der als einer der bedeutendsten Vertreter des deutschen Klassizismus gilt und ein guter Freund des Fürsten war.
Bevor das Luisium und die englische Gartenanlage erbaut wurden, war hier ein barocker Park zu finden. Der sogenannte „Vogelherd“ gehörte einst Fürst Leopold I. von Anhalt-Dessau, der ihn 1728 an seinen Hofmarschall übergab, welcher den Park 1736 weiterverkaufte. Ab 1744 wurde der Vogelherd „Vogelherdgarten“ genannt. 1753 erwarb Fürst Dietrich von Anhalt-Dessau den Park vom königlich-preußischen Leutnant Johann Friedrich von Wackernagel für sein Mündel, den Erbprinzen Fürst Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau. Hier wurde ein kleines Schloss für den Fürsten erbaut, das er wahrscheinlich auch als Jagdsitz nutzte. Dieses Schloss wurde später abgerissen, und an gleicher Stelle wurde das Luisium erbaut.
Der kubische Baukörper des Schlosses mit seinen klaren Linien ist äußerlich schlicht gehalten und fügt sich perfekt in die umliegende Landschaft ein. Mit einer Seitenlänge von 12 Metern erhebt sich der zweigeschossige Backsteinputzbau auf einem Souterrain, das eine besondere Bedeutung für die Funktionalität des Hauses hatte. Die siebenstufige Sandsteintreppe am südlichen Hauptportal und die Kutschenzufahrt auf der Nordseite unterstreichen den repräsentativen Charakter des Schlosses. Das Pyramidendach wird von einem Belvedere bekrönt. Im Inneren glänzt das Schloss mit Malereien und Stuckaturen im Obergeschoss. Hier befinden sich ein Spiegel-, ein Pompejanisches, ein Gemälde- und ein Graphisches Kabinett, sowie eine Bibliothek. Zusätzlich gibt es noch ein Mezzaningeschoss. Im Erdgeschoss befindet sich ein prunkvoller Festsaal. Das Luisium mit seiner Parkanlage wurde so erbaut, dass es durch das Anlegen von drei Erdwällen vor Hochwasser geschützt ist.
1762 stellte Fürst Leopold III. den Hofgärtner Johann Friedrich Eyserbeck (1734–1818) ein, der den Park mit seinen Sichtachsen anlegte. Die Gestaltung des Parks rund um das Luisium begann 1774 im westlichen Teil, der der Fürstin gehörte. Der östlich gelegene Nutzgarten gehörte dem Fürsten. 1766 wurde die Chinesische Brücke bzw. „Weiße Brücke“ erbaut; eine ähnliche Palladiobrücke gibt es in Wörlitz. Der Park mit seinen weiten Rasenflächen, geschwungenen Wegen und verschiedenen Baumgruppen bildet einen harmonischen Kontrast zum Luisium. Der Garten ist zweigeteilt, in der einen Hälfte befindet sich der Landschaftspark und in der anderen ein Obst- und Gemüsegarten. Die klassizistische, eingeschossige Orangerie mit Walmdach stammt ebenfalls aus der Feder des Architekten Freiherrn von Erdmannsdorff und wurde um 1782 im Wirtschaftsgarten erbaut. Zusammen mit dem Gärtnerhaus und einem weiteren Gebäude bilden sie eine offene Vierflügelanlage im nördlichen Teil des Parks. Die Putzfassade wird von Pilastern mit Kapitellen und Gebälk sowie der Bogenarchitektur durchzogen. Ab 1785 kamen die Skulptur „Das verschleierte Bild zu Saïs“ und der Pegasusbrunnen hinzu. Das neugotische Schlangenhaus, das Blumengartenhaus und der Ruinenbogen kamen hinzu.
Von 1779 bis 1781 wurde das Gestüt im Stil der Neugotik auf einer 16 Hektar großen Fläche errichtet, die früher „Fohlenweide“ genannt wurde. Die rechteckig angelegten Stallungen sind aus Backstein. Die Schaugiebel zum Luisium hin sind reich verziert, und auf der Spitze präsentiert sich ein steigendes Pferd. Vom Luisium aus hat man einen wunderbaren Blick auf die Weiden und die Gebäude. Rund um das Gestüt befinden sich die Weiden, die westlich an den Park angrenzen. An der Grenze zum Park wurde eine Wallmauer errichtet, die vom Luisium nicht erkennbar ist.
Fürstin Louise verstarb am 21. Dezember 1811 im Dessauer Residenzschloss. Ihr Mann, Fürst Leopold III., erlag am 9. August 1817 im Luisium seinen Verletzungen, die er sich zehn Tage zuvor bei einem Reitunfall zuzog. Mit Sichtachse zum Luisium wurde das Fürstenpaar in der Gruft der St.-Bartholomäi-Kirche Dessau-Waldersee beigesetzt. Auf dem Kirchturm wurde ein 18 Meter hoher Obelisk als Abschluss der Sichtachse zum Luisium aufgesetzt. Nach dem Tod der Fürstin wurde der Park für Besucher geöffnet, der am Osteingang des Parks im Jahr 1816 zwei neogotische Torhäuser erhielt. Im Laufe des 19. Jahrhunderts blieb Schloss Luisium im Besitz der anhaltinischen Fürstenfamilie. Einige Veränderungen wurden im Park vorgenommen, darunter der Bau von Gewächshäusern und anderen landwirtschaftlich genutzten Gebäuden. Diese fügten sich zwar harmonisch in die Landschaft ein, wurden jedoch später wieder abgerissen, um die ursprüngliche Gestaltung des Gartens zu bewahren.
Nach dem Tod des Fürsten erbte sein Enkel, Herzog Leopold IV. Friedrich von Anhalt-Dessau (1794–1871), Park und Schloss Luisium. Ihm folgte sein Sohn Friedrich I. Franz Nikolaus von Anhalt (1831–1904) und dessen Sohn Friedrich II., Herzog von Anhalt (1856–1918). Sein Bruder Eduard Georg Wilhelm Maximilian von Anhalt war keine sechs Monate im Amt, als er am 13. September 1918 verstarb und sein minderjähriger Sohn Joachim Ernst Herzog von Anhalt (1901–1947) das Herzogtum erbte. Aufgrund seines Alters übernahm sein Onkel, Prinz Aribert von Anhalt, die Regentschaft, bis am 12. November 1918 das Anhaltinische Herzogshaus abdankte und damit die Herrschaft der Askanier endete. Kurze Zeit später gründete Prinzregent Aribert von Anhalt am 30. Dezember 1918 die Joachim-Ernst-Stiftung, die sich um die Pflege der Schlösser und Gärten kümmern sollte.
Die Stiftung stellte den deutschen Landschaftsarchitekten Hans Hallervorden (1872–1965) von 1920 bis 1938 als Garteninspektor und von 1946 bis 1948 als Gartendirektor ein, der den Wirtschaftsgarten des Luisium Mitte der 1920er-Jahre in einen Landschaftsgarten verwandelte, ohne Bezug zum restlichen Park zu nehmen.
Während des Zweiten Weltkriegs blieb das Luisium von großen Zerstörungen verschont, ebenso wie ein Großteil der anderen Schlösser des Gartenreichs. Nach dem Krieg wurden Schloss und Parkanlage jedoch zunehmend vernachlässigt, und der Zahn der Zeit begann sowohl am Gebäude als auch an der Gartenanlage zu nagen. 1947 wurde aus der Joachim-Ernst-Stiftung die Kulturstiftung Dessau-Wörlitz; die Ziele der Stiftung wurden übernommen. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurde das Dessau-Wörlitzer Gartenreich als eines der bedeutendsten Kulturdenkmäler des Landes anerkannt. Der Park war zu dieser Zeit bereits wiederhergestellt. Das Luisium war 20 Jahre lang verschlossen, wurde aufwendig restauriert und am 24. September 1998, dem Geburtstag der Fürstin Luise, der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht. Zwei Jahre später, im Jahr 2000, wurde das Gartenreich Dessau-Wörlitz und somit auch das Luisium in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen. Die Parkanlagen des Gartenreichs sind frei zugänglich und jede für sich eine Augenweide. Im Luisium ist ein Museum untergebracht.