Villa Baltic / Villa Hausmann © Historische Häuser | Alte Häuser

Villa Baltic | Hausmann in Mecklenburg-Vorpommern

Direkt an der Strandpromenade von Kühlungsborn steht die mondäne, neobarocke Villa Baltic bzw. Villa Hausmann und zieht viele Besucher des Ostseebads in ihren Bann. Die Villa Baltic ist ein Haus mit einer wechselhaften und besonderen Geschichte, in der es dreimal enteignet wurde. Zunächst von den Nationalsozialisten, dann von der russischen Besatzungsmacht und später von der DDR.

Um die Jahrhundertwende kauften der Berliner Rechtsanwalt und Notar Wilhelm Hausmann mit seiner Ehefrau Margarete, geb. Frank, ein Stück Bauland direkt am Strand in Arendsee, dem späteren Kühlungsborn. Arendsee war zu dem Zeitpunkt ein beliebter Ferienort für jüdische Familien. Auch das jüdische Ehepaar Hausmann verbrachte die Sommerzeit dort. 38.000 Quadratmeter des erworbenen Grundstücks wurden in einen Park verwandelt. Von 1910 bis 1912 wurde die prachtvolle dreigeschossige Villa im neobarocken Stil von dem Architekten Alfred Krause erbaut. Krause war der Schwager von Paul Johannes Adolf Korff, beide teilten sich über einige Jahre zusammen eine Bürogemeinschaft. Die Baukosten des Gebäudes beliefen sich auf 2,5 Millionen Goldmark. Im Inneren der Villa glänzte der Marmor und von außen dominiert sie mit einer säulengestützten Veranda, Erkern, Türmchen und dem reich verzierten Giebel an der Promenade. Das Ehepaar blieb kinderlos und somit vermachte Margarete Hausmann die Villa später der Berliner Hochschule für die Wissenschaft des Judentums. Am 28. Juni 1931 eröffnete der Rabbiner Leo Baeck ein Erholungsheim und Treffpunkt der im Jahr zuvor gegründeten “Akademische Gesellschaft Hausmann-Stiftung” in der Villa für jüdische Akademiker. Das Erholungsheim wurde von Frau Dr. Herta Marcuse geleitet.

1933 begann die Machtergreifung durch die Nationalsozialisten. In Arendsee beginnen Hetzkampagnen und die Nazis starten damit, Arendsee „judenrein“ zu machen. Besonderes Augenmerk wird da auf das „Judenschloss“ der Villa Hausmann gelegt, erst werden Fensterscheiben zertrümmert, später wird die Villa dann enteignet. 1938 wurde die Villa der Joseph-Goebbels-Stiftung für Bühnenschaffende an die Reichstheaterkammer übergeben. Auf dem Dach wehte die Hakenkreuzfahne. Im gleichen Jahr werden die Orte Arendsee und Brunshaupten-Fulgen zusammengelegt, die Stadt erhält den Namen Ostseebad Kühlungsborn. Die Goebbels-Stiftung zerstört alle Elemente des vorherigen Eigentümers, unter anderem auch die Grabpyramide der Hausmanns im Park. Die sterblichen Überreste der Hausmanns wurden von der Israelitischen Gemeinde Rostock auf den Jüdischen Friedhof in Rostock umgebettet.

1945 wurde in der Villa kurzzeitig ein sowjetisches Lazarett untergebracht. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wird die Villa Hausmann 2017 zur Villa Baltic, Kühlungsborn bleibt als Name erhalten und die Villa wird als Ferienheim “Kurt-Bürger-Erholungsheim” des “Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes” (FDGB) für werktätige DDR-Bürger genutzt. Im Jahr 1972 wurde eine Meerwasserschwimmhalle erbaut, die mit der Villa Baltic verbunden war. Ein Restaurant, Cafe‘, Bar und eine Disco wurden im ersten Stock untergebracht. Während der Wende muss der FDGB wegen ausbleibender staatlicher Gelder Insolvenz anmelden und die Villa Baltic schließt. Die Vermögensverwaltung übernahm die Treuhand. Nach der Wende wurde die Villa Baltic an die Jewish Claims Conference, die früheres Vermögen enteigneter Juden und ihrer Erben geltend gemacht hat, übergeben. 2003 verkaufte sie die Villa bereits wieder. Neuer Besitzer wird der Brandenburger Augenarzt Prof. Dr. Mathias Wagner. Seine Pläne, die Villa in ein luxuriöses Hotel mit Schwimmbad umzubauen, scheiterten, da die Stadt Kühlungsborn keine Baugenehmigung erteilte. Durch den Leerstand der Villa kam es zu Bauschäden und Vandalismus. Die Meeresschwimmhalle wurde 2017 abgerissen.

2019 erwarben die Oldenburger Jan und Berend Aschenbeck, Aschenbeck & Aschenbeck Projektentwicklung GmbH, die baufällige Villa für zwei Millionen Euro. Zusammen mit der Stadt Kühlungsborn soll die Villa in das Gewerbeprojekt „Baltic Arkaden” umgebaut werden. Vermutlich wird sich die Sanierung auf mindestens 15 Millionen Euro belaufen. Da wo einst die Schwimmhalle stand, soll ein Hotel mit 120 Zimmern entstehen. Trotz des hohen Verfalls ist die Villa ein mehr als beeindruckendes Gebäude und fasziniert sämtlich Touristen Kühlungsborns. Erste Sicherungsmaßnahmen sind mittlerweile erfolgt. Die Villa muss kernsaniert werden, der Dachstuhl von der Schadstoffbelastung befreit und der Hausschwamm entfernt werden. Bis 2025 soll die Villa fertig saniert sein.

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