Gutshaus | Herrenhaus Bandelin © Historische Häuser | Alte Häuser

Gutshaus | Herrenhaus Bandelin in Mecklenburg-Vorpommern

Zwischen Greifswald und Gützkow befindet sich das neobarocke Gutshaus Bandelin in Vorpommern. Hinter dem Gutshaus erstreckt sich der Park, in dem sich das ehemalige Mausoleum der Familie von Behr befindet.

Bevor Bandelin erstmalig 1321 urkundlich in einer Verkaufsurkunde der Herren von Behr erwähnt wurde, lebten hier schon im 6. und 7. Jahrhundert slawische Volksstämme. Die Geschichte von Bandelin ist eng verbunden mit den Rittern von Behr, die bereits im 12. Jahrhundert nach Vorpommern kamen. Ab 1250 gehörten den von Behrs einige Dörfer in der Umgebung von Bandelin, ab dem 28. September 1275 belehnten Barnim I., Herzog von Pommern, und sein Sohn Bogislaw IV. die Familie von Behr mit Hufen und Bede in Bandelin, Stresow und Schlagtow. Ab 1491 kamen weitere Hufe in anderen Orten zu dem Besitz von Gerhard von Behr hinzu. 1579 wurde erstmalig eine Kapelle in Bandelin genannt. Das Gutshaus und der Ort wurden im Dreißigjährigen Krieg fast vollständig zerstört. Gerd von Behr ließ nach Kriegsende das Herrenhaus wiederaufbauen. Durch die großen Verluste musste die Familie von Behr Bandelin an die Herren von Schwerin verpfänden. Joachim Felix Graf von Schwerin und seine Ehefrau Sabine Hedwig von Levetzow erwarben 1670 das Gut und vererbten es ihren Kindern Ida Luise und Jacob im Jahr 1705. Ida Luise von Schwerin heiratete am 19.07.1698 Philipp Ludwig von Behr.

Philipp Ludwig von Behr gelang es, gemeinsam mit seinen Söhnen Felix Dietrich und Ulrich Bernhardt den Familienbesitz auszulösen. 1737 ließen der schwedische Landrat und Kurator der Akademie Greifswald, Felix Dietrich von Behr, und seine Ehefrau Katharina Sophia von Zepelin das mächtige, aber schmucklose Gutshaus südlich des Ortes erbauen. Vorher stand hier ein festungsartiges Gebäude. Die Gutsarbeiter waren in einer Wohnsiedlung untergebracht,  die genauso wie der Wirtschaftshof vom Herrenhaus getrennt war. Der Urenkel von Felix Dietrich von Behr und Herr auf Bandelin war der großherzoglich mecklenburgische Kammerherr Felix Johann Bernhard von Behr (1779-1837). Mit seiner zweiten Ehefrau Wilhelmine (Minna), geborene von Lühmann, bekam er einen Sohn, den späteren Gutsbesitzer, königlichem Kammerherr und Kolonialpolitiker Felix Wilhelm Leonhard Graf von Behr-Bandelin (1834 – 1894). 1884 war dieser Mitbegründer der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft in Berlin und ab 1886 Gründer und Leiter der Deutsch-Ostafrikanischen Plantagengesellschaft. Er erhielt am 8. Juni 1865 in Stralsund den Freiherrentitel von König Wilhelm I.,  der allerdings auf seine Person limitiert war. 1878 wurden der Freiherr und der Familienzweig von Behr-Bandelin in den preußischen Grafenstand erhoben. 1864 heiratete Felix von Behr die Erbin des Gutes Dambeck, Mathilde Laura von Buggenhagen-Dambeck. Aus der Ehe gingen eine Tochter und vier Söhne hervor. Das Gut Bandelin umfasste in dieser Zeit über 1000 Hektar. Der jüngste Sohn, Hugold Felix Karl Leopold von Behr-Bandelin (1866-1943,) war Diplomat, wurde Major im Ersten Weltkrieg und erbte von seiner Mutter das Gut Dambeck. 1939 gehörten zum Gut Bandelin noch etwa 527 Hektar, die von dem Administrator M. Schierer verwaltet wurden. Der älteste Sohn Felix Ulrich Degen Kurt von Behr erbte das Gut Bandelin, reiste 1908/09 neun Monate durch den asiatischen Kontinent und brachte von dieser Reise viele Kunstgegenstände, Waffen und Rüstungen mit nach Bandelin.

Am 28. Januar 1928 brannte das Gutshaus bis auf die Grundmauern nieder. Auch die wertvolle Innenausstattung sowie die Kunstsammlung wurden bei dem Brand zerstört. Unter anderem verbrannte neben den Kunstwerken aus China, Japan und Afrika auch eine Gutenberg-Bibel. Allein die Bibel war mit über 500.000 Reichsmark versichert. Im Brand gingen auch die Lehnbriefe von 1275 und 1491 verloren. Zwei Versicherungsgesellschaften gingen bei der Regulierung des Schadens in den Konkurs. Im Jahr 1930 ließ Professor Felix Ulrich Degen Kurt Graf von Behr-Bandelin (1861-1937) von den Versicherungsgeldern 50 Meter südwestlich entfernt ein neues Gutshaus im Stil des Neobarocks errichten. Drei Jahre später zog er in den zweigeschossigen, elfachsigen Putzbau, der auf einem hohen Sockelgeschoss steht, ein. Im Walmdach findet man zahlreiche Fledermausgauben und vier massive Schornsteine thronen auf dem Dachfirst. Zur Hofseite zeigt sich das Haus mit dreiachsigen Mittelrisaliten, einer Freitreppe und einem Dreiecksgiebel mit dem Wappen der Familie von Behr. Sowohl zur Hof-, als auch zur Parkseite werden die Fenster von aufwändig gestalteten Putzschmuck verziert. Zur Parkseite beeindruckt das Herrenhaus mit einem halbrunden Risaliten, der mit Kolossalpilastern gegliedert ist und ein Kuppeldach aus Kupferblech trägt. Im Inneren des Hauses befindet sich der ovale Gartensaal. Eine breitgefächerte Freitreppe führt in den Park, der 1750 angelegt und im 19. Jahrhundert zum Landschaftspark umgeformt wurde. In dem Park, in dem sich neben langgestreckten Teichen auch eine Insel befindet, steht im östlichen Teil das 1922 erbaute Mausoleum der Familie von Behr. Mittlerweile gehört es zum Friedhof und wird als Friedhofskapelle genutzt.  Die Särge derer von Behr wurden 1945 von der Sowjetarmee geplündert und entfernt. Zwei italienische Skulpturen des Künstlers Donatelli befanden sich bis 1954 im Mausoleum, bis sie sicherheitshalber vom Kulturbund in das Kunstinstitut der Universität Greifswald gebracht wurden. Der Marstall und die Wirtschaftsgebäude, aus bearbeiteten Feldsteinen errichtet, wurden zwischen 1860 und 1870 im Auftrag vom Grafen und königlichen Kammerherrn Felix Wilhelm Leonhard von Behr erbaut.

Am Ende des Zweiten Weltkriegs wurde durch die sowjetische Bodenreform im Herbst 1945 auch die Familie von Behr enteignet. Im Gutshaus lebten übergangsweise Flüchtlinge, bis das Haus 1946 umgebaut und bis 1991 als staatliches Kinderheim genutzt wurde. Ab 1991 war das Kinderheim unter der Leitung des Diakonischen Werks der Pommerschen Evangelischen Kirche. Das Gebäude wurde im Jahr 2001 an einen Investor verkauft und für die private Nutzung saniert. Im Inneren des stattlichen Gutshauses blieben das Treppenhaus, die Stuckdecken und im Jagdzimmer die als Bären gestalteten Konsolen und Wappenreliefs erhalten. Die abgebrannte Ruine des alten Gutshauses wurde wiederaufgebaut und ab 1945 als Schule genutzt. Heute wird es bewohnt.

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